Wie gern würde man manche Erinnerungen so tief wie möglich in der Vergessenheit vergraben. Doch vor den besonders schmerzhaften Ereignissen der Vergangenheit gibt es einfach kein Entrinnen und wenn doch, dann ist der Preis für das Vergessen so hoch, dass ihn niemand bezahlen will – so wie durch eine Demenz oder Alzheimer-Erkrankung, an der Russell Crowe im Thriller „Sleeping Dogs“ leidet.
Als Roy Freeman, ein vor vielen Jahren suspendierter Ermittler, kämpft er darin um sein Erinnerungsvermögen und mit vielen Notizen und beschrifteten Klebezetteln in seiner Wohnung gegen seine Alzheimer-Erkrankung an. Hilfe allerdings, vielleicht sogar die bis heute eigentlich unmögliche Heilung, verspricht er sich von einer experimentellen, neuen Behandlungsmethode. Dafür soll er so oft wie möglich und auf unterschiedlichste Art sein Gedächtnis stimulieren.
Ermittlungen mit Alzheimer
Einen unerwarteten, großen Stimulus erfährt er, als er einen Anruf von einer Anwältin erhält, die einen seiner alten Fälle noch einmal aufrollt: Der Mann, der wegen Mordes am College-Professor Joseph Wieder zum Tode verurteilt wurde, beteuert nach wie vor seine Unschuld und soll vor der Todesstrafe gerettet werden. Freeman entschließt sich, der Sache nachzugehen. Fortan begleitet man ihn, wie er den Fährten in die Vergangenheit folgt und nicht nur seinen Ex-Partner bei der Polizei, sondern auch eine Reihe von Personen aufspürt, die ins Leben des Professors verwickelt waren: eine frühere wissenschaftliche Assistentin mit Femme-Fatale-Ausstrahlung genauso wie deren kürzlich gestorbener Ex-Freund, der ein aufschlussreiches Roman-Manuskript hinterlassen hat. Mögliche Motive für den Mord werden damit einige ausgestreut. Eifersucht? Enttäuschte Liebe? Der Raub erfolgsversprechender Forschungsergebnisse?
Tiefe eines Dramas wie „The Father“ fehlt
„Sleeping Dogs“ müht sich zwar, die Herausforderungen in Freemans Alzheimer-Alltag zu zeigen. Wenn er allerdings die Zeugen und Verdächtigen befragt, wirkt er über weite Strecken etwas zu geordnet und klar. Die Tiefe eines Demenz-Dramas wie in „The Father“ mit Anthony Hopkins entwickelt „Sleeping Dogs“ so in keinem Moment. Und eine ernstzunehmende, differenzierte und vor allem konsequente Darstellung der Alzheimer-Krankheit sollte man daher nicht erwarten.
Vielmehr nutzt die erst ausgelöschte und langsam wiedergewonnene Erinnerung hier vor allem der bisweilen hanebüchen zurechtgelegten, letztlich überkonstruierten Thriller-Story bis hin zum finalen, dramatischen Twist. Diese überraschende Wendung soll im letzten Moment nochmal alles auf den Kopf stellen. Allerdings ist die Konstruktion letztlich doch so durchsichtig, dass man sie weit vorher kommen sieht und sich schon weit vor Schluss vieles grob zusammenreimen kann. Crowe immerhin, der Oscarpreisträger und früherer Blockbuster-Star aus Filmen wie „Gladiator“ und „A Beautiful Mind“, erdet dieses Filmvorhaben mit seiner authentischen, brummeligen Art und seiner, auch körperlich, überaus kräftigen Präsenz. Den Rest wird man schnell wieder vergessen.
Australien/ USA 2024, von Adam Cooper, mit Russell Crowe, Karen Gillan, Marton Csokas, 110 Minuten, frei ab 16 Jahren
Zu den Kommentaren