Raum-Klang-Installation und fragile Drucke

Künstlergespräch mit Bodo Rott zu seiner Ausstellung „Nicht die Bohne“ im Bayerischen Armeemuseum

25.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:29 Uhr

Im Dialog: Der gebürtige Ingolstädter Bodo Rott (links) und der Leiter des Bayerischen Armeemuseums Ansgar Reiß. Fotos: Luff

Von Robert Luff

Ingolstadt – Der Besucher des großen Ausstellungsraums im Bayerischen Armeemuseum hält kurz inne: Objekte liegen da verstreut zwischen Ritterrüstung und Hellebarden oder hängen an den Wänden. Und immer wieder sprechen Stimmen seltsame Satzfetzen, singen und wiederholen diese, oft auch simultan. Dinglich und akustisch breitet sich hier die eigens für diesen Raum konzipierte Ausstellung „Nicht die Bohne“ des in Ingolstadt aufgewachsenen Künstlers Bodo Rott aus. Im Gespräch mit Museumsleiter Ansgar Reiß erläuterte Rott nun sein Konzept.

Man kann dieses Ensemble aus Zeichnungen, beigefarbenen Töpfen und aus dem Kontext gerissenen Redensarten als chaotisch und subversiv bezeichnen. Doch die Raum-Klang-Installation findet zugleich auch sachte und dezent zu einer überraschenden Symbiose mit dem hellen Museumsraum, seinem filigranen Gewölbe und seinen militärischen Objekten. Denn Rott wollte eine menschliche Spur in diesen Raum hineintragen, ohne den Menschen selbst abzubilden. Die Objekte zeugen von humaner Anwesenheit, die Stimmen, die er von Studierenden mit Migrationshintergrund einsprechen ließ, sind einfache, aber oft verfremdete Alltagssätze wie „Meine Mutter isst jetzt gerade zu Mittag“, aber auch Redewendungen, die zum Nachdenken zwingen: „Du sollst die Bohne vor dem Strauch nicht loben.“

Die Sätze dieser achtminütigen Audiosequenz überlagern sich und laufen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Derart verfremdete Sprache erzeugt Zweifel an den simplen Aussagen. Doch auch die sieben großformatigen Monotypien nähren die Fragilität der hier dargestellten Welt: Sie zeigen die Struktur von zerbrochenem Glas und lassen filigrane Risse und Sprünge erkennen. Ein Spinnennetz an Bruchlinien erzeugt beim genauen Hinsehen eine Art Sogwirkung der abgebildeten Geräte, die bei aller Deformation zugleich auch etwas Spielerisches ausdrücken. Das Auge muss jeweils neu fokussieren und Nähe und Ferne sind oft vertauscht.

Umgekehrt haben sich in die Monotypien, die an den Wänden hängen oder bunt verstreut am Boden liegen, gerade auch historische Gegenstände und Apparate des Museums eingeschlichen: Signalpistolen und ein Scherenfernrohr etwa oder militärische Vermessungsinstrumente. Sie erzählen von technischer Faszination, aber auch von Krieg und Zerstörung, genau wie die doppeldeutigen Tonobjekte, die, wie nach einem Angriff im Raum hingeworfen, auch Granaten sein könnten. Kunst und Sprache greifen also in die Ausstellungssituation ein, eröffnen neue, auch zwischenmenschliche Dimensionen und zwingen den Betrachter, in die Vergangenheit zurückzugehen und verlorene oder zersplitterte Gegenstände und Geschichten zu rekonstruieren.

Ansgar Reiß sagt, dass ihn vor allem die Auswirkungen des Kraftfelds interessieren, die vom Museum auf die ausgestellten Kunstwerke einwirken. Man stolpert nämlich fast über die am Boden verstreuten Bilder und Toneimer und muss für einen Moment innehalten bei seinem Ausstellungsbesuch. Die Schönheit und Menschlichkeit, die die Räume des ehemaligen Schlosses trotz der ausgestellten militärischen Objekte immer noch ausstrahlen, stehen für ihn in einem reizvollen Kontrast zu Bruch und Destruktion, den die Kunstwerke inszenieren.

DK


„Nicht die Bohne“ ist noch bis 29. Januar im Bayerischen Armeemuseum zu sehen.