Punktlandung im Birdland

Ein höchst spannendes Heimspiel für das Dameronia Legacy Allstar Octet im Neuburger Jazzclub

16.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:30 Uhr

Spontan und kreativ: Mitglieder des Dameronia Legacy Allstar Octet im Neuburger Birdland. Foto: Leitner

Von Karl Leitner

Neuburg – Das war eine lupenreine Punktlandung im Neuburger Birdland Jazzclub. In zeitlicher wie auch in geografischer Hinsicht. Vor auf den Tag genau einem Jahr stellten die Herren des Dameronia Legacy Allstar Octet ihr Programm zu Ehren Tadd Damerons, eines der bedeutendsten Komponisten und Arrangeure der Jazzgeschichte, im Audi-Forum vor. Das Konzert wurde vom Bayerischen Rundfunk aufgezeichnet, daraus entstand die CD „Live At Audi Forum Ingolstadt“ – die sogar in der renommierten „London Times“ vier von fünf möglichen Sternen erhielt – und nun feiert das Oktett den ersten Jahrestag mit einem Heimspiel, im Birdland, dessen Chef Manfred Rehm die Band jetzt nach Neuburg und damals auch nach Ingolstadt geholt hatte.

„Es ist gar nicht so einfach, alle Kollegen zusammenzutrommeln“, sagt Schlagzeuger Bernd Reiter, der Sprecher der illustren Truppe. Dick Oatts (Altsaxofon) ist extra aus den USA eingeflogen, Rik van den Bergh (Baritonsaxofon) hat eine lange Autofahrt aus Rotterdam hinter sich, und auch die beiden Italiener Andrea Pozzo (Klavier) und Aldo Zummo (Kontrabass), der Amerikaner Jim Rontondi (Trompete, Flügelhorn) sowie der Franzose Jon Boutellier (Tenorsaxofon) waren greifbar. Reiter selbst und Johannes Herrlich aus Wien hatten da wohl noch den kürzesten Weg.

„Für Tadd Dameron ist immer die richtige Zeit“ heißt es in den Liner Notes zur CD. Das gilt gleichermaßen auch für das Dameronia Legacy Allstar Octet. Dieser überragenden Band aus nächster Nähe bei ihrer Tätigkeit zuzusehen und zuzuhören, ist eine echte Freude. Nichts gegen eine CD, schon gar nicht eine so herausragende wie diese, aber das Live-Erlebnis ist nun mal durch nichts zu ersetzen. Das gilt umso mehr, als die Band wegen der exzellenten Raumakustik auf Mikrofone und Verstärker vollständig verzichten kann. Trotzdem ist jede noch so kleine Nuance glasklar zu hören, und wenn die fünf Bläser gemeinsam zu Werke gehen, dann ist akustisch gehörig Betrieb im Gewölbe.

Wie nicht anders zu erwarten sind die Stücke des Abends im Birdland identisch mit denen damals im Audi-Forum und damit auf denen der CD. Aber was heißt das schon im Jazz. „ID I Gould See Sou Note“, „Look, stop And Listen“ und all die anderen Perlen Dameron's sind natürlich identifizierbar, seine legendären Arrangements ja erst der eigentliche Anlass für das Tribute-Projekt, aber – und das ist bekanntermaßen eine der Besonderheiten im Jazz – die solistischen Beiträge variieren von Konzert zu Konzert.

Jeder Solist trägt bei, was ihm im Moment einfällt, er für richtig hält, seine Stimmung widerspiegelt. Das ist im Birdland wahrlich eine ganze Menge. Der Kreativität aus dem Augenblick heraus sind keine Grenzen gesetzt. Jeder hat genügend Freiraum, sich zu entfalten, jeder nutzt ihn weidlich, was dazu führt, dass die Band in zwei Stunden nur neun Stücke spielt. Ja, Dameron scheint die ideale Basis zu sein, sich mal so richtig auszutoben und für ein höchst spannendes Konzert voller Dynamik und Spielfreude zu sorgen. „Eine musikalische Delikatesse!“ hatte das Birdland-Programmheft im Vorfeld versprochen. Welch wahre Worte!

DK