Experimentierfreudig in die Zukunft
„Let Them Eat Iphigenie“ vom Jungen Theater Ingolstadt beim Südwind-Festival

16.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:54 Uhr

Iphigenie ist gerade mal 15 und schon lastet das Schicksal des ganzen Griechenvolks auf ihr. Die Ingolstädter Produktion mit Steven Cloos, Enea Boschen, Olivia Wendt und Clara Schwinning wurde zum Südwind-Festival nach München eingeladen. Foto: Klenk

Bayern hat ein neues Festival für junges Publikum. Alle zwei Jahre wird es von einem anderen bayerischen Theater ausgerichtet. Der Auftakt fand vergangenes Jahr in Ingolstadt statt – und hatte wegen Corona um ein Jahr verschoben werden müssen. Daher wird heuer schon die zweite Auflage des Festivals über die Bühne gehen – von 5. bis 11. Juli.

Die Münchner Schauburg übernimmt die Gastgeberrolle im 70. Jahr ihres Bestehens und rückt mit dem Schwerpunkt „Next Steps“ die Frage nach der Zukunft des Theaters für junges Publikum ins Zentrum. Aus 40 gesichteten Inszenierungen hat die sechsköpfige Jury aus Theaterfachleuten acht Produktionen nach München eingeladen.

Moderne Iphigenie-Fassung



Auch das Junge Theater Ingolstadt ist mit dabei – mit „Let Them Eat Iphigenie“. David Moser und Natalie Baudy hatten im Auftrag des Jungen Theaters Euripides‘ Tragödie „Iphigenie in Aulis“ von 405 vor Christus überschrieben – und dabei den Fokus auf die Titelheldin gelegt. Ihre Geschichte ist eine Geschichte der Selbstermächtigung, die auf verschiedenen Ebenen erzählt wird. In der Produktion für Publikum ab 14 Jahren geht es um Sehnsucht und Pflicht, um Identität und Autonomie, um Haltung und Rebellion. „Ich habe ehrlich gesagt sehr darauf gehofft, dass ,Iphigenie‘ zu Südwind eingeladen wird“, erklärt Julia Mayr, Leiterin des Jungen Theaters. „Es ist genau das richtige Stück für ein Festival: wild, eigen und sehr diskussionsanregend. Ich bin sicher, die Inszenierung wird in München für Gesprächsstoff sorgen.“ Im vergangenen Jahr hat sie mit ihrem Team das Festival organisiert. Gab es denn Ratschläge an die diesjährigen Organisatoren? „Die Kolleginnen und Kollegen der Schauburg sind ja selber sehr erfahrene Festivalmacher. Ich bin ganz sicher, das wird ein wunderbares zweites Festival. Der wichtigste Tipp ist, sich mit Lust und Energie auf dieses Festival zu stürzen, Südwind ist schon jetzt eine Marke und es macht wahnsinnig Spaß, es auszurichten. Ich freue mich schon jetzt auf eine Woche München im Juni“, antwortet sie.

Gezielt hatte die Jury nach Inszenierungen aus Bayern gesucht, „die experimentierfreudig sind, nachdenklich machen, überraschen, aufrütteln und erfreuen. Die Auswahl bietet Spannung, Faszination, Wagnis und Vielseitigkeit, die Richtungen für die Zukunft des Theaters für junges Publikum anzeigen“, heißt es aus der Schauburg. Auffallend: In der Liste der Bewerbungen waren sechs Tanztheaterproduktionen für Kinder, von denen zwei eingeladen sind – zum einen aus dem Theater Regensburg, zum anderen aus der freien Szene München. Angetan war die Jury auch von der Kinderoper „Spring doch!“ von der Bayerischen Staatsoper. Die Produktion ist bereits abgespielt, aber es laufen Bemühungen, sie noch einmal beim Festival zu zeigen.

Südwind versteht sich als Fest für Kinder, Jugendliche und ihre Erwachsenen. Den Theatermacherinnen und Theatermachern soll es darüber hinaus als Austauschforum und Fortbildung dienen – mit Workshops, Gesprächen und Partys für spannende Begegnungen in der Schauburg, in den Kammerspielen und im öffentlichen Raum.

Die ausgewählten Produktionen



Theater Mummpitz aus Nürnberg: „Der Bärenberg“ nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Max Bolliger, Regie: Andrea Maria Erl, 4+

Junges Theater Regensburg: „Insideout“, Tanztheater von Wagner Moreira, 8+

Mainfrankentheater Würzburg: „Käpten Taumel“ Klassenzimmerstück von Fanny Sorgo, Regie: Anna Stiepani, 6+

Sabine Karb, Freie Szene München: „Ich war das nicht!“, Mobiles Tanztheater von Sabine Karb, 8+

Theater Erlangen: „Die Reise zum Mittelpunkt des Waldes“ von Finn-Ole Heinrich, Theater im Bus, Regie: Franziska-Theresa Schütz, 8+

Junges Theater Ingolstadt: „Let Them Eat Iphigenie“ von Natalie Baudy und David Moser, Regie: David Moser 14+

Junges Theater Augsburg: „Irreparabel“ von Sergej Gößner, Regie: Winni Gropper, 13+

Theater Pfütze Nürnberg: „Ich bin Vincent und ich habe keine Angst“, nach dem Roman von Enne Koens, Regie: Christina Gegenbauer, 10+

Lobende Erwähnung: Bayerische Staatsoper München: „Spring doch“, Kinderoper von Gordon Kampe und Andri Beyeler, Inszenierung: David Bösch, 8+