Ingolstadt
"Das zweite Buch ist schantalliger"

Kai Twilfer nimmt jetzt die Prosecco-Gesellschaft aufs Korn – Am 12. November kommt er ins DK-Forum Ingolstadt

06.11.2014 | Stand 02.12.2020, 22:02 Uhr

Blickt satirisch auf alle Gesellschaftsschichten: Bestsellerautor Kai Twilfer - Foto: Moritz Thau

Ingolstadt (DK) Mit seinem Erstling „Schantall, tu ma die Omma winken!“ landete Kai Twilfer im vergangenen Jahr einen Bestseller. Auch in der Reihe „LeseLust“ unserer Zeitung kamen die Geschichten um die Unterschichten-Familie Pröllmann aus dem Ruhrgebiet sehr gut an. So überrascht es nicht, dass es eine Fortsetzung gibt, Twilfer erneut den Sozialarbeiter Jochen komisch und schonungslos den bizarren Alltag des Chaos-Clans beschreiben lässt. Allerdings mischt die alleinerziehende Pröllmann-Tochter Schantall nun nach ihrer Heirat in den sogenannten Geldadel eine andere Gesellschaftsschicht auf, die der Schönen, Reichen und Blender. Wie, das ist am Mittwoch ab 19.30 Uhr im DK-Forum Ingolstadt zu erleben.

Herr Twilfer, in „Schantall, tu ma die Omma Prost sagen!“ werfen Sie einen satirischen Blick auf diejenigen, die das Geld für Bildung und guten Geschmack hätten. Was haben Sie sich dabei gedacht?

Kai Twilfer: Naja, die leise Kritik am ersten Buch war, dass ich mich über die Unterschicht lustig gemacht habe. Was nicht stimmt, denn es ist eine gesellschaftskritische Satire. Da zu der Gesellschaft viele Milieus gehören, sehe ich jetzt satirisch auf die sogenannte Upperclass und frage, ob dort die Etikette eingehalten oder auch nur mit Wasser gekocht wird. Wenn die beiden Milieus aufeinanderprallen, entstehen die Reibungspunkte, die es lustig machen. Im Übrigen ist es keine Frage des Milieus, ob jemand Kultur und Geschmack hat, und schon gar keine Frage des Geldbeutels.

Woher wissen Sie das? Waren Sie etwa auf Kreuzfahrt oder auf der Rennbahn?

Twilfer: Ja. Schon im ersten Band habe ich eigene Erlebnisse verarbeitet. Dieses Mal habe ich bewusst recherchiert, zum Beispiel die Kreuzfahrt. Ich bin zwar nicht auf einem Fünf-Sterne-Kreuzfahrtschiff mitgefahren, trotzdem war es interessant, die Passagiere zu beobachten. Und ich war tatsächlich auf einem Poloturnier eingeladen, was sehr speziell war, weil dort der Geldadel und der richtige Adel Deutschlands vertreten sind. Es war erstaunlich, wie diese Menschen versuchen, sich gegenseitig zu überbieten, wer im exklusiveren Auto vorfährt usw., wie viele Blender es gibt. Es hat nur noch gefehlt, dass die sich gegenseitig Trinkgeld geben.

Sie sind bissiger geworden. Ist das Ausdruck Ihrer Verzweiflung, dass sich nichts ändert?

Twilfer: Bissiger? Ich würde eher sagen, dass das zweite Buch schantalliger geworden ist. Es war der Wunsch vieler Leser, dass Schantall mehr zu Wort kommen sollte. Das zweite Buch ist direkter, hat mehr Wortwitz. Die Leser sollten sehen, wie sich Schantall und ihre Familie weiterentwickeln. Natürlich bekommt die Oberschicht ihr Fett ab, soll etwas auf den Punkt gebracht werden und darf auch bissig sein.

Sie üben Kritik an unserem Bildungswesen und an der Medienlandschaft. Was müsste sich da ändern?

Kai Twilfer: Ich kritisiere zwar im zweiten Buch auch das deutsche Schulwesen. Doch halte ich es noch für das kleinste Problem. Die Medienlandschaft sehe ich viel kritischer, was Niveaulosigkeit betrifft. Vor allem die TV-Landschaft am Nachmittag. Allerdings: Wer es mag, soll es sich angucken. Ich werte nicht. Ich zeige, dass dies Teil der Schantall-Welt ist. Darüber kann jeder nachdenken und für sich Schlüsse ziehen.

Hat sich Ihr Leben mit den Schantall-Büchern verändert?

Twilfer: Es hat sich viel verändert. Das erste Buch habe ich neben meiner Berufstätigkeit in meiner Firma geschrieben. Die Firma und die Berufstätigkeit gibt es zwar noch. Doch ist mein zweites Standbein, die Autorenschaft, stärker geworden, ich schreibe viel mehr. Es wird einen dritten Schantall-Band geben, in dem es um die deutsche Mittelschicht geht, aber erst 2016. Damit ist der satirische Blick auf die deutsche Gesellschaft abgeschlossen.

Es soll tatsächlich nicht weitergehen mit Schantall?

Twilfer: Nach dem dritten Band ist mit den Büchern Schluss. Aber es gibt noch die Bühnengeschichte, die im Februar 2015 startet. Ich bin während der Lese-Tour ja bereits von den klassischen Lesungen etwas abgekommen. Schantall bietet sich für die Bühne geradezu an. Die Tour starten wir unter dem Titel „Schantall tut live“. Dabei werden wir den Leuten auf den Zahn fühlen, wie weit sie vom Kevinismus befallen sind. Es wird Stand-up-Nummern geben und Comedy-Szenen. Die Bücher sind aber weiterhin Bestandteil eines solchen Abends. Insofern wird Schantall weitergeführt.

Schantall hat also aus Ihnen sogar einen Stand-up-Comedian gemacht?

Twilfer: Ja, ich versuche, mich immer weiterzuentwickeln. Die erste Lesung zum Beispiel war für mich ein echter Horror. Aber dann wurden die Abende immer lustiger und stärker auf das Publikum bezogen. Deshalb habe ich mir gedacht, das kann ich weiterentwickeln. Schließlich war ich vorher kein Autor und habe auf Anhieb einen Bestseller gelandet.

Gibt es Unterschiede, ob Sie in Bayern, im Ruhrgebiet oder in Hamburg auftreten?

Twilfer: Ich hatte anfangs Bedenken, weil der Humor im Ruhrgebiet, wo die Schantall-Geschichte spielt, doch speziell ist. Außerdem haben mir Ruhrgebiets-Comedians gesagt, dass es in Süddeutschland, in Bayern, schwieriger sei, das Publikum mit diesem Humor zu begeistern. Doch Schantall kam überall an. Deshalb war ich auch so erfreut, dass sich im vergangenen Jahr die Leute bei Ihnen in Ingolstadt so für Schantall interessiert haben. Und ich freue mich, dass ich nun zum zweiten Mal kommen darf.

Werden Sie am 12. November auch etwas von der Bühnenshow im DK-Forum zeigen?

Twilfer: Ja, sicher wird es einen kleinen Appetitanreger aus der geplanten Bühnen-Tour geben.

Mit Kai Twilfer unterhielt sich Barbara Fröhlich.

Karten für die „LeseLust“ mit Kai Twilfer am 12. November um 19.30 Uhr im DK-Forum Ingolstadt gibt es in allen Geschäftsstellen unserer Zeitung, Hotline (08 41) 96 66-8 00, unter www.donaukurier.de/leselust und an der Abendkasse.