Ingolstadt
"Ich schreibe das, was mir gefällt"

15.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:41 Uhr

Psychokrimi-Autor mit freundlichem Gesicht: Sebastian Fitzek eröffnet heute Abend die Reihe LeseLust des DONAUKURIER. Er präsentiert seinen Roman "Der Augensammler". - Foto: oh

Ingolstadt (DK) Er zählt zu den erfolgreichsten Thriller-Autoren in Deutschland, seine Bücher werden in mehr als 20 Ländern verlegt. Sein neues Buch "Der Augensammler" stellt Sebastian Fitzek heute Abend um 19.30 Uh im Rahmen der Reihe LeseLust im Ingolstädter DK-Forum vor. Mit dem Schriftsteller unterhielt sich unser Mitarbeiter Sebastian Walther.

Guten Tag Herr Fitzek, eignet sich ein Telefonat wie unseres eigentlich als Einstieg für einen Thriller?

Sebastian Fitzek: Oh ja, mein Thriller "Amokspiel" beginnt mit einem sehr mysteriösen Telefonanruf. Ohnehin ist das Telefon als Kommunikationsmittel im Thriller nicht mehr wegzudenken. Manchmal ist es aber auch ein Fluch, wenn das Geschehen wie bei "Der Seelenbrecher" in einer Klinik spielt, da muss man dann ein Szenario wählen, in dem der Protagonist nicht mal eben mit dem Handy Hilfe rufen kann.

Neue Medien wie Internet und Mobiltelefon stellen die Autoren also vor neue Herausforderungen?

Fitzek: Sie erfordern neue Kreativität, aber man gewinnt mehr, als das man verliert. Man gewinnt vor allem unheimlich viel Tempo. Wer "24" gesehen hat, wundert sich doch gar nicht mehr darüber, dass Jack Bauer ständig Satellitenbilder oder digitale Baupläne anfordert und in 30 Sekunden poppt das dann auf. Das ist natürlich immer noch ein bisschen Blödsinn, aber es geht jetzt eben alles viel schneller.

Sie nennen den Autor Michael Chrichton da als Vorbild, in dessen Werken sich schon immer Wissenschaft und Spannung vermengt haben.

Fitzek: Seine Bücher habe ich gerade in jungen Jahren verschlungen, weil er es wie kein zweiter verstanden hat, komplexe und naturwissenschaftliche Themen in spannende Sachverhalte umzusetzen. Chrichton, der leider viel zu früh verstorben ist, kam ja aus dem Wissenschaftsbereich, war Mediziner, hat in Harvard studiert und das Genre des Wissenschaftsthrillers in seiner heutigen Form begründet. Vor allem hat er so geschrieben, und das ist nicht einfach, dass man sich nicht langweilt und es gerne liest.

Wie halten Sie es mit dem Schreiben: Gehen Sie nach eigenem Empfinden oder nach dem, was gerne gelesen wird?

Fitzek: Ich habe mit dem Schreiben begonnen, weil ich mich verändern wollte. Ich wollte einfach etwas machen, bei dem es egal ist, ob es irgendjemanden gefällt, außer mir selbst. Hätte ich das vorher analysiert, was wollen die Menschen lesen, was kommt bei den Verlagen an, dann hätte ich unter gar keinen Umständen einen deutschen Psychothriller geschrieben. Jeder Verlag hat mir davon abgeraten. Psychothriller kommen aus Amerika oder Skandinavien, schreiben Sie mal etwas Lustiges, wurde mir sagt, oder: Wenn Sie eine Frau wären, könnten Sie einen historischen Roman schreiben.

Und heute verfassen Sie mindestens ein Buch pro Jahr. Welche speziellen Anforderungen stellt das Genre an den Autor?

Fitzek: Man muss sich für Menschen interessieren und ihre Eigenarten. Außerdem sollte man Spaß daran haben, Dinge in Frage zu stellen: Wo beginnt der Wahn, wo hört die Realität auf, können wir zwischen Fiktion und Realität überhaupt unterscheiden? Dafür sollte man eine naturgegebene Neugier mitbringen.

Ihre Bücher laufen letztlich oft auf Dialoge heraus, Interaktionen zwischen Menschen – was fasziniert Sie daran?

Fitzek: Jede gute Geschichte ist letztlich auch eine Familiengeschichte, nehmen Sie nur "Star Wars" oder "Titanic". Dort treffen Generationen aufeinander, Freunde, Feinde, Liebende. Damit kann sich jeder identifizieren. Das Wichtigste an der Familie sind wiederum die Kinder, deshalb kommen in meinen Büchern auch so häufig Kinder vor, sind sie doch der Grund, warum man überhaupt eine Familie gründet. Und Interesse daran habe nicht nur ich, sondern hat auch der Leser. Er möchte seine Welt aus einem anderen Blickwinkel dargestellt bekommen. Wobei die Kinder, die im "Augensammler" vorkommen, entführt und getötet werden.

Im "Augensammler" gibt es, im Gegensatz zu vielen anderen Büchern des Genres, kaum explizite Gewaltdarstellungen.

Fitzek: Im Vergleich mit anderen Autoren bin ich da ein Chorknabe. Ich bekomme oft genug Post von Leserinnen, die meinen, ich könnte ruhig noch einen Zahn zulegen. Die Morde an den Kindern, ohne zu viel zu verraten, sind im "Augensammler" ja bereits gelaufen, ich schildere keine direkten Gewalthandlungen an Kindern. Gleichwohl fragen mich die Leser öfter, ob man nicht selbst krank sein muss, um so etwas schreiben zu können?

Was antworten Sie?

Fitzek: Mag schon sein – aber wie krank musst Du sein, wenn Du so etwas liest und mir dafür sogar noch Geld gibst?

Sie gehen mit Ihrem sechsten Buch auf Lesetour. Was wird der häufigste Satz zu "Der Augensammler" sein?

Fitzek: Ich hoffe doch: "Ich konnte es nicht aus der Hand legen." Ansonsten werde ich wieder unglaublich viele unterschiedliche Dinge hören, bei denen ich mir oft gar nicht vorstellen konnte, sie zu hören zu kriegen. Eine Leserin hatte sich beispielsweise dafür bedankt, dass sie mit mir ihren Realschulabschluss geschafft hat. Sie war mit ihrer Leseschwäche eigentlich für die Hauptschule vorgesehen, hat dann zufällig eines meiner Bücher in die Hand bekommen und liest jetzt regelmäßig, nicht nur meine Werke. Oder eine 80-jährige Dame, die mein Buch nur gekauft hatte, weil wir den gleichen Nachnamen haben, eigentlich war sie auf der Suche nach einem Rosamunde-Pilcher-Roman.

Sie bezeichnen sich auf ihrer Internetseite als Mailoholic, in jedem Zimmer würde ein PC stehen.

Fitzek: Das ist mittlerweile dank W-LAN anders, aber ich habe jetzt auch – sehr zum Leidwesen meiner Freundin – ein iPhone, mit dem ich immer und überall Mails beantworten kann. Es ist tatsächlich so, wenn ich auf der Couch liege, gehe ich auf Facebook, Twitter, StudiVZ, ich habe hier direkten Kontakt zu meinen Lesern und informiere mich auf den Nachrichtenseiten. Es ist schon fast wie eine Sucht.

Sebastian Fitzek eröffnet heute Abend die Reihe LeseLust im Ingolstädter DK-Forum des DONAUKURIER, Staufenbergstraße 2a. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr, Einlass ist um 18.45 Uhr. Karten gibt es an der Abendkasse.