Flucht in die digitale Welt
„L3ONCE und L3N4“ feiert am Jungen Theater Ingolstadt Premiere – David Moser und Natalie Baudy haben Büchners Stück überschrieben

03.12.2024 | Stand 03.12.2024, 15:00 Uhr |

Regisseur David Moser (links) inszeniert „L3ONCE und L3N4“ für das Junge Theater Ingolstadt. Premiere ist am Samstag. Foto: Lennert

Der Prinz und die Prinzessin aus den Königreichen Popo und Pipi flüchten vor einer arrangierten Ehe, verlieben sich inkognito ineinander und versuchen, mit einer List ihren Lebensweg selbst zu bestimmen. Das Stück „Leonce und Lena“ entstand als Beitrag für ein Preisausschreiben, zu dem die Cotta’sche Buchhandlung 1836 aufgerufen hatte. Georg Büchner (1813–1837) verpasste den Abgabetermin um zwei Tage und erhielt das Manuskript ungeöffnet zurück. Das Stück wurde erst nach seinem Tod veröffentlicht.

Natalie Baudy und David Moser haben für das Junge Theater Ingolstadt Büchners Werk überschrieben. Vor zwei Jahren hatten sie Ähnliches mit „Iphigenie in Aulis“ nach Euripides gemacht. Was in „Let them eat Iphigenie“ und einen hochspannenden Theaterabend mündete. Der Reiz dabei? „Wir finden es interessant, mit einem vorhandenen Stoff umzugehen, der schon verschiedene Interpretationen erfahren hat, ihn danach zu befragen, was er mit unserer Zeit, mit unserer Gesellschaft zu tun hat, aber auch die Freiheit zu haben, weiterzuschreiben und Neues zu erfinden“, sagt Natalie Baudy. „Es ist eine Möglichkeit, Jugendliche an Klassiker so heranzuführen, dass sie Spaß daran bekommen, in alten Texten auf Spurensuche zu gehen“, fügt David Moser an. Unter seiner Regie hat „L3ONCE und L3N4 – esc esc esc!“ für Publikum ab 15 Jahren am Samstag in der Werkstatt Premiere.

Die merkwürdige Schreibweise lehnt sich an an die junge Internet-Schreibkultur, wo Buchstaben durch Zahlen ersetzt werden. „Der Titel verweist aber auch auf die digitale Welt: ,Leonce und Lena‘ findet bei uns im Metaverse statt“, sagt Natalie Baudy. „Esc“ bezeichnet auf der Computertastatur die Escape-Taste. „Es geht um eine Flucht und Fragen von Eskapismus.“ Weil Leonce, Lena und Valerio zu dritt fliehen, steht da „esc esc esc!“

Das Setting ist ähnlich wie bei Büchner: Allerdings treffen sich in der Fassung von Baudy/Moser Leonce und Lena schon in der ersten Szene und fliehen gemeinsam mit Valerio. „Wir versuchen zu erzählen, was Romantik und Liebe für junge Leute bedeutet, dass es etwas ist, was Zeit braucht, Fragen aufwirft und kompliziert ist“, sagt David Moser. „Dazu kommt eine Welt, die sich an Krisen überschlägt. Es geht um diese allgemeine Überforderung, das Bedürfnis nach Rückzug, Eskapismus, Flucht. Und das in einer Phase, in der man sowieso alles hinterfragt.“

Neben Steven Cloos als Leonce, Enea Boschen als Lena und Tim-Fabian Hoffmann als Valerio übernimmt Olivia Wendt die Rolle „Herr Königin“: „Es ist die Erwachsenenposition, aber kein reiner Antagonist. Eigentlich jemand, der etwas Gutes für die Kinder will und dabei alles falsch macht“, sagt David Moser.

Und was soll man mitnehmen von dem Abend? Natalie Baudy: „Ich fände es schön, wenn Jugendliche sich verstanden fühlen oder neue Denkanstöße bekommen. Oder einfach feststellen: Ich hatte einen wahnsinnig lustigen Abend, habe viel gelacht und eine richtig gute Zeit.“

DK


Premiere am 7. Dezember um 19 Uhr in der Werkstatt des Stadttheaters. Kartentelefon (0841) 30547200.

Artikel kommentieren