Ingolstadt
Hier regiert der Funk

Partystimmung mit Maceo Parker, Marcus Miller und Joo Kraus

11.11.2012 | Stand 03.12.2020, 0:51 Uhr
Karo Glazer, der neue Star im polnischen Jazz, sorgte auf der Jazzparty II für Stimmung. −Foto: Cornelia Hammer

Ingolstadt (DK) Das Restaurant und der Trivasaal im NH Ambassador in der Goethestraße sind brechend voll, und auch im Foyer und auf den Gängen tummeln sich noch unzählige Jazztage-Besucher, denen ein klein wenig Bewegungsfreiheit lieber ist als die Enge in den beiden bespielten Räumen. Was wäre eigentlich, so mag sich manch einer fragen, wenn wirklich alle Anwesenden gleichzeitig aus Interesse an der dort dargebotenen Musik tatsächlich versuchen würden, in einen der beiden bespielten Säle zu gelangen?

Aber vermutlich ist die Frage nicht nur hypothetisch, sondern auch müßig, denn schließlich läuft hier die Jazzparty II, und zwar mit Betonung auf Party, was auch völlig in Ordnung ist. Und wenn dieser Vorgabe dann auch noch die Musik Rechnung trägt, indem sie künstlerischen Anspruch und Partystimmung verbindet, gibt es schon gar nichts mehr zu meckern, ganz egal, ob das nun wirklich Jazz ist, was hier unter dem Etikett Jazz verkauft wird, oder nicht. Hauptsache die Erwartungen des Publikums werden erfüllt, was an diesem Abend ganz sicher der Fall ist.

 
Der Anfang birgt gleich die erste Überraschung, als mit Marcus Miller der Headliner den Abend eröffnet. Normalerweise steht der Hauptact zeitlich am Ende, wenn mehrere Bands am Start sind, in diesem Fall nicht. Miller ist als Bassist aus zweierlei Gründen einzigartig im Jazz, ja, vermutlich der Gigant unter den E-Bassisten überhaupt. Erstens, weil er sofort an seinem Sound zu erkennen ist, zweitens, weil selbiges auch für ihn als Komponist gilt. Und so werden seine neuen Stücke wie „Detroit“ und „Redemption“, in der Liveversion durch erstklassige Soli zeitlich ausgeweitet, denn auch zu den großen Höhepunkten des Abends. Miller muss man als Jazzfan einfach einmal im Leben gesehen haben. Und an diesem Abend ist er in Hochform.

Das gilt auch für den Trompeter Joo Kraus, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Popnummern von Michael Jackson, Asia oder Peter Gabriel für die Bedürfnisse seines Quartetts zurechtzuschneiden. Seit seinen Tagen mit Tab Two weiß man, dass Kraus auch dem Rap, Drum ’n’ Bass und den Electronics durchaus wohlwollend gegenübersteht – was er auch hier wieder demonstriert. Aber sein Auftritt hat auch gleichzeitig etwas Warmes, Herzliches, Charmantes. Er ist der, der am ehesten Kontakt hält mit seinem Publikum, der die Chancen eines Clubkonzerts wirklich aufgreift und dessen Möglichkeiten auch nutzt.

Bei Maceo Parker regiert der Funk, und zwar unumstößlich und ausschließlich. Was er einst bei James Brown gelernt hat, beherrscht der Bandleader, Tenorsaxofonist und Entertainer perfekt. Selten spielt einer so knackig, steuert einer rhythmisch so unerbittlich auf die Eins zu wie er. Subtilere Zwischentöne, wie er sie auf seinen Alben immer wieder anschlägt, bleiben hier außen vor.

Das mit dem ersten Song im Hinblick auf den Druck, die Schärfe und die Power festgelegte Level bleibt bis zum Ende erhalten. Maceo Parker macht keine Kompromisse, sein Ziel ist erreicht, wenn am Ende das Auditorium tobt, der Saal kocht und alle schweißnass und glücklich sind.

Die polnische Sängerin Karo Glazer hat eine Band im Rücken, die eindeutig Rock spielt, mit Ausschlägen hin zum Pop und in den Bereich des Psychedelischen. Sie setzt ihre Stimme zusätzlich auch als weitere Klangfarbe ein, scattet, zischelt und pluggert. Das klingt interessant, birgt mit zunehmender Dauer aber auch immer wieder die Gefahr, langatmig zu werden. So wie am Ende leider auch der Balkan-Soul und die Dance Beats von Äl Jawala, denen man eine gewisse Zeit mit Interesse begegnet, die aber irgendwann ganz einfach langweilig werden, weil die Band nicht mit ihnen arbeitet, sondern lediglich eine irgendwann als partytauglich erachtete Idee im Grunde endlos wiederkäut.