Porträt der Organistin und Pianistin
Expressive Fantasie

Fredrik Lindqvist erhält den Kunstförderpreis

30.11.2022 | Stand 18.09.2023, 22:33 Uhr

Fredrik Lindqvist arbeitet bevorzugt auf dem Boden. Dort sitzt er – ohne, dass es seinem Rücken nach Jahrzehnten in dieser Haltung geschadet hätte, wie er sagt. Feine Schraffuren, detailreiche Spuren ritzt er für seine Holzschnitte in dünne aus Holzspänen mit Kunstharzleim gepresste Faserplatten. Jedes noch so winzige Motiv, jede noch so bedeutsame Kleinigkeit extra. Wellen, Bäume, Tiere, Taschen, Früchte, Gesichter, Architekturteile. Diesen Kosmos in all seinen Einzelteilen druckt der 54-Jährige später nicht auf Papier, sondern auf Textil, auf Stoffe, manchmal selbst stark gemustert, die er dann in einem letzten Arbeitsschritt mit groben Stichen zusammen- und übereinandernäht. Eine Heidenarbeit, eine riesige Herausforderung, auch das große Ganze mit den Schattierungen und der Perspektive im Blick zu behalten. Hochkomplex, raffiniert, aufwendig – und vor allem genuin einzigartig ist das, was Lindqvist schafft. Alles in starken Farben und mit viel Ausdruck. Ein Meister der expressiven Fantasie.

Nun erhält der gebürtige Schwede, der seit 20 Jahren mit seiner Familie in Ingolstadt lebt, sich über „seine zwei Heimaten freut“, schon lange Mitglied des BBK Oberbayern Nord & Ingolstadt ist und vielfach in der Stadt und der Region ausgestellt hat, den Kunstförderpreis 2022 der Stadt. Er habe durch einen Anruf von Kulturreferent Gabriel Engert davon erfahren. Ja, selbstverständlich habe er sich sehr gefreut über diese „tolle Überraschung“, die ihm aber noch mehr als eine Anerkennung und Würdigung seines Schaffens ist. „Es bedeutet auch, in Ingolstadt, in der Stadt, in der ich lebe und arbeite, angekommen zu sein.“

Fredrik Lindqvist wurde 1968 in Kristianstad geboren. Ab 1993 studierte er im schwedischen Umeå, 1997 zog es ihn nach Düsseldorf an die legendäre Kunstakademie, wo damals „noch immer irgendwie der Geist von Joseph Beuys schwebte“, Rosemarie Trockel oder A.R. Penck lehrten und er Meisterschüler wurde. Lindqvist, der auch Skulpturen schafft, international ausstellt und in Museen vieler Länder vertreten ist, greift bei seiner Motivwahl in die Vollen und gestaltet den überbordenden Kosmos zu einem dichten wie ebenso kleinteiligen narrativen Netz. Er füllt seine Werke mit Gestalten aus Märchen und Mythen, da tauchen Menschen mit Affenköpfen und Tiere mit menschlichen Zügen oder aber Prominente auf. Er kombiniert historische Spielzüge mit zeitgenössischen Accessoires, er entwirft düstere Szenarien oder bunte, alltägliche Situationen. Dann wiederum interessiert ihn der menschenleere Raum, der von Natur, Wasser und Architektur bestimmt wird. „Ich bleibe neugierig, suche stets neue Motive und lasse mich von Mode, Pop, Politik, Umwelt, Zeitgeschehen und der urbanen Welt inspirieren.“ Für all diese Werke, die in ihrer Fülle entdeckt werden wollen und die die Fantasie des Betrachters anregen.

Katrin Fehr