Ein Instrument der Verführung

Daniele Di Bonaventuras Band'Union im Birdland

23.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:13 Uhr

Daniele Di Bonaventura trat mit seiner Band’Union im Neuburger Birdland auf. Foto: Leitner

Von Karl Leitner

Neuburg – Das Bandoneon ist ein Instrument der Verführung. Erfährt man von einem Konzert, in dem es eine tragende Rolle spielt, geht man ganz automatisch davon aus, dass es dabei um argentinischen Tango, Astor Piazzolla oder Roberto Goyeneche gehen würde. Bei Daniele Di Bonaventura, dem Bandoneonvirtuosen schlechthin, und seiner Band’Union geht es um alles, nur darum nicht.

Di Bonaventura kommt aus den Marken, seine Begleiter, Marcello Peghin an der zehnsaitigen Gitarre, Felice Dela Gaudio am Kontrabass und Alfredo Laviano an der Perkussion aus Kampanien und Sardinien. Italienischer geht es kaum. Und so geht es auch in musikalischer Hinsicht um Italien, um Di Bonaventuras Sammlung von Widerstandsliedern aus der Zeit der Resistenza, um für liturgische Zwecke vorgesehene Kompositionen, um traditionelles italienisches Liedgut, hauptsächlich um eigene Stücke.

Das Bandoneon steht im Zentrum all dessen und wird von Di Bonaventura schließlich auch noch umgewidmet zu einem Instrument des Jazz. Ab dem Zeitpunkt Mitte des erstes Sets, als die Band sich dazu entschließt, auf der Basis einer Nummer aus Uruguay, die es dort sogar in die Pop-Charts geschafft hatte, sich selbst immer mehr Freiräume zuzugestehen, wird das immer deutlicher. Hier werden eben mal schnell zwei oder drei Stücke zu einem Block zusammengezogen, hier wird improvisiert, dass es die wahre Freude ist, hier lassen sich die Musiker auch selbst verführen und hinreißen zu immer neuen Kabinettstückchen.

Für die beiden Stunden, die im Rahmen des noch bis zum 19. November laufenden „Radio Jazz Festivals“ vor ausverkauftem Saal über die Bühne gehen, braucht es keine großen Gesten. Die Band besticht allein durch ihre Musik, die Eleganz ausstrahlt, durch die feinen Nuancen in der Abstimmung, durch ihre Luftdurchlässigkeit bei gleichzeitig enormer Dynamik. Das Bandoneon, die Gitarre, die ab und zu nach einer Harfe klingt, der in sich ruhende Bass, das rhythmische Gemurmel und die kleinen perkussiven Tupfer sind tatsächlich verführerisch. Man wippt mit, weil man an manchen Stellen einfach nicht anders kann. Begeisterter Applaus.

DK