Musikalische Vernetzung
Eichstätter Domchor singt Händels „Messiah“ im Baringer Münster

24.07.2024 | Stand 26.07.2024, 12:42 Uhr |

Von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt: Domkapellmeister Manfred Faig schöpfte mit dem Eichstätter Domchor das volle Spektrum des „Messias“ aus. Foto: Christian Klenk

Eigentlich hätte Händels „Messiah“ schon Anfang Juli zur feierlichen Wiedereröffnung des sanierten Eichstätter Doms erklingen sollen. Doch die Verzögerung der Einweihung machte die Findung eines neuen Aufführungsortes erforderlich. Wohl überlegt entschied sich Domkapellmeister Manfred Faig dafür, das Projekt im Münster zu Bergen bei Neuburg zu realisieren – mit dem dortigen Kulturförderverein unter seinem Vorsitzenden Edgar Mayer als Partner.

Und das sollte sich als absoluter Glücksfall herausstellen: Die klare Akustik, das barocke, lichtdurchflutete Ambiente, die Symbolik und Raumgestaltung des Baringer Münsters als Erlöserkirche passen hervorragend zu Händels Meisterwerk.

Sie kommen dem großen Oratorium nicht nur optimal entgegen, sondern machen zudem feinste Abstimmungen zwischen Chor oder Solisten mit dem Orchester möglich. Das verlieh dem musikalischen Geschehen noch einmal zusätzlich Ausdruck und sorgte für ein noch intensiveres Erleben dieser imposanten Chorkomposition.

Dabei ist Händels Musik an sich freilich schon einzigartig: Doch gerade beim „Messias“ geht es zudem um tiefe, exzellent in Töne verwandelte Emotionen. Die Weihnachtsgeschichte, die Passion, die Hölle, die Erlösung, die Auferstehung, die Verbreitung der christlichen Botschaft, Gedanken über das Jenseits – alles kommt darin zum Ausdruck.

Außergewöhnliches Libretto

Entsprechend außergewöhnlich ist auch das Libretto: Denn erstens tritt die Titelfigur genaugenommen nur im Hintergrund auf, kommt nicht explizit selbst zu Wort. Und zweitens beginnt die Erzählung schon weit vor Jesu Geburt mit den Prophezeiungen, mit Texten aus dem Jesaja, und endet mit einer Passage aus der Offenbarung, spannt einen weiten Bogen.

Dennoch haben die klug ausgewählten Bibelstellen etwas ungemein Zentrales, Essenzielles an sich. Und obwohl Händel daraus sein berühmtestes Oratorium gemacht hat, erweist es sich – handlungsperspektivisch gesehen – als sein „undramatischstes“. Es erzählt keine Geschichte im engeren Sinne – und ist trotzdem viel mehr als eine bloße Aneinanderreihung von religiösen Inhalten. Festlichkeit mit Pauken und Trompeten, barocke Königlichkeit wechseln sich ab mit der farbenreich vertonten Leidensgeschichte in Rezitativen und Arien.

Jeder Satz hat seine Details und Finessen, Koloraturen verleihen zusätzliche Lebendigkeit und geben Raum zur dynamischen Untermalung. Das Leben präsentiert sich hier in seiner ganzen Fülle, seiner ganzen Schönheit und Fragilität, von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt.

La Banda: Fantastischer Klang-Nährboden

Und eben dieses volle Spektrum schöpft Diözesanmusikdirektor Manfred Faig bis ins Letzte aus. Bald luftig, durchsichtig, fein ausbalanciert, beweglich und exakt zusammenschwingend, dann wieder mächtig, voluminös und prachtvoll aufblühend lässt er seinen großartigen Domchor agieren. Jede Phrasierung setzt Akzente, hat ihr eigenes Gewicht.

Dafür bietet das Barockorchester La Banda einen fantastischen, hochdifferenzierten Klang-Nährboden, musiziert voll filigraner, lichtdurchlässiger Transparenz, dynamischer Nuanciertheit und organischem Fluss, lässt aber auch in den richtigen Momenten die gebührende majestätische Opulenz, die monumentale, triumphierende Klangfülle nicht vermissen. Besonders eindrücklich gerät das natürlich beim jubilierenden Hallelujah-Chor, der deshalb „Szenenapplaus“ erntet.

Mit diesem atmosphärischen Kolorit schaffen die Musikerinnen und Musiker in ergreifender Bildhaftigkeit einen freien Entfaltungsspielraum für das konzerterfahrene Gesangssolisten-Quartett: Samtig und weich, edel und geschmeidig führt Hubert Schmid seinen Tenor, während Carl Rumstadt als Bass sich durch profunde Fülle, Kraft und Fulminanz profiliert.

Gelungene Kooperation zweier Gemeinden

Altistin Joanna Joworowska überzeugt durch die würdige Eleganz und aufflammende Leidenschaft ihrer Stimme – im aparten Gegensatz zu Agnes Preis, die mit dem glockenhellen, silbrig glitzernden Strahlen ihres Soprans verzaubert.

Das voll besetzte, intensiv lauschende Publikum im Baringer Münster ist fasziniert – bis hin zur letzten, glorios ausschweifende Amen-Fuge. Mit Standing Ovations erklatscht es sich begeistert die erhoffte Wiederholung des „Hallelujah“, in das voller Verve auch die Solisten mit einstimmen.

Der Idealfall einer gelungenen Kooperation zwischen zwei Kirchengemeinden – und einer regionalen musikalischen Vernetzung über Landkreise hinweg. Dieser glanzvolle Auftritt aus Eichstätt in Bergen wird hoffentlich nicht der letzte bleiben.

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