Zwei Schwestern stehen vor der Entscheidung, ob sie ihre pflegebedürftige Mutter ins Heim bringen sollen. Während die ältere der beiden für einen Heimplatz plädiert, möchte die jüngere die alte Frau zu sich nehmen und sie selbst umsorgen.
Das Haus wird für die Bedürfnisse der Mutter behindertengerecht umgebaut. Doch bald zeigt sich, dass sie mit ihren beiden Kindern, dem Haushalt und der nun anfallenden Pflege überfordert ist. Schließlich wird „Rosie“ angeschafft – ein humanoider Pflegeroboter.
Rosie stellt alles Menschliche in den Schatten
Rosie entpuppt sich als fehlerfrei funktionierende künstliche Intelligenz, die alles Menschliche in den Schatten stellt: Sie wäscht die Seniorin, dreht ihr die Haare ein, macht mit ihr Gymnastik, erzählt Witze, hört zu. Bald schon kümmert sie sich auch um den Rest: putzt, kocht, versorgt die Kinder, übernimmt die Kontrolle im Haus – bis es zur Katastrophe kommt.
„Schwarze Schwäne“ heißt das Stück von Christina Kettering, das am Donnerstag, 24. Oktober, im Altstadttheater Premiere hat. Dessen künstlerische Leiterin Leni Brem-Keil führt selbst Regie. Und sie hat sich dafür entschieden, weil sie zum einen mehr Stücke von Autorinnen auf den Spielplan setzen will, und zum anderen hier zwei Themen verknüpft werden, die aktuell große gesellschaftliche Relevanz haben: Pflege und KI.
Sonia Hausséguy spielt erstmals am Altstadttheater
Sonia Hausséguy und Katrin Wunderlich spielen die beiden Schwestern. Denn nur sie wird man auf der Bühne erleben. Die Mutter kommt lediglich in ihren Erzählungen vor. Und auch der Pflegeroboter wird zwar detailliert beschrieben, bleibt aber der Fantasie des Zuschauers überlassen. Während man Katrin Wunderlich aus ihrer Zeit am Stadttheater und zahlreichen Rollen am Altstadttheater („Zwei wie wir“, „Lola Montez“) bereits kennt, wird man Sonia Hausséguy erstmals hier erleben.
Sie wuchs als Tochter eines französischen Vaters und einer deutsch-russischen Mutter im Ruhrgebiet und in der Eifel auf und erhielt ihre Schauspielausbildung an der Folkwang Hochschule in Essen. Sie lebt mit ihrer Familie in München. Ihr Mann Martin Müller ist derzeit ebenfalls im Altstadttheater zu erleben – in „Achtsam morden“.
Pflege, KI, unterschiedliche Lebensentwürfe
Sonia Hausséguy spielt die jüngere Schwester, Katrin Wunderlich die ältere. „Sie passen ganz gut zusammen, weil sie eine gewisse Ähnlichkeit haben, aber trotzdem unterschiedlich genug sind. Das gibt eine super Energie auf der Bühne“, sagt Leni Brem-Keil.
Denn neben den beiden Themen Pflege und KI wird zuerst eine Familienkonstellation erzählt: die Beziehung zwischen den Schwestern und zur Mutter, die sich aus der Vergangenheit speist, ihre unterschiedlichen Lebensentwürfe. Und wem fühlt sich der Zuschauer näher? „Das kommt darauf an, wie man selber gestrickt ist“, antwortet Leni Brem-Keil.
„Die beiden sind sehr konträr. Die jüngere ist sehr diszipliniert, ehrgeizig, will alles können, alles richtig machen und hat am Anfang einen sehr strukturieren Ablauf, der aber auseinanderbricht, weil sie sich letztlich total übernimmt. Die ältere ist eher unkonventionell, sehr freiheitsliebend und versucht sich aus diesen ganzen Strukturen rauszunehmen. Ich denke, man findet sich eher in der einen oder anderen Frau wieder – oder anteilig in beiden.“
Styropor im Bühnenbild
Für das Bühnenbild setzt die Regisseurin Styropor ein. „Styropor ist kein angenehmes Material. Das Positive ist: Es erzeugt Wärme. Aber auch wenn es massiv wirkt: Es bricht leicht, ist sehr instabil, ist sehr künstlich und macht unangenehme Geräusche.“
Was soll das Publikum mitnehmen von dem Abend? „Es soll sich mit dem Thema Pflege auseinandersetzen. Was wünsche ich mir? Was kann ich leisten? Es ist wichtig, über das Thema zu sprechen, solange es noch nicht so emotional aufgeladen ist. Denn die Familie muss die Entscheidungen treffen“, sagt Leni Brem-Keil. „Und natürlich geht es auch um KI – um Möglichkeiten, Risiken, Verantwortung.“
Ist das Stück eigentlich eine Komödie oder eine Tragödie? „Ich finde, es ist beides. Das Stück hat einen ernsten Hintergrund, aber es gibt auch komische Momente, wenn von den Absurditäten des Lebens erzählt wird.“
aw
Premiere ist am Donnerstag, 24. Oktober, um 20.30 Uhr im Altstadttheater. Karten gibt es unter kontakt@altstadttheater.de oder per Telefon (0174) 5426698.
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