Ingolstädter Traditionsbühne
Das Bluesfest ist tot - es lebe die Neue Welt!

Die Pläne zur Neukonzeption

28.04.2022 | Stand 23.09.2023, 1:45 Uhr

Die Gruppe WellBad wird im Juni in der Neuen Welt gastieren. Blueskonzerte werden das ganze Jahr über dort stattfinden. Foto: Overmann

Von Karl Leitner

Ingolstadt – Normalerweise würde in der Ingolstädter Neuen Welt jetzt gerade das Bluesfest laufen. Zumindest war das die letzten 30 Jahre vor der Pandemie so. Nun wurde das seinerzeit größte Bluesfestival Deutschlands aus dem städtischen Veranstaltungskalender gestrichen.

Warum? Die Antwort darauf weiß Matthias Neuburger, Sachgebietsleiter „Urbankultur“ beim Kulturamt der Stadt und zuständig für die Belange der Neuen Welt nach dem Rückzug von Walter Haber, der das Bluesfest einst ins Leben gerufen und all die Jahre über quasi im Alleingang organisiert hatte.

„Ein Festival dieser Größe ist für uns schlichtweg nicht machbar. Und wir wollen auch nicht alte Strukturen einfach so übernehmen“, sagt Neuburger. Es gebe ein neues Konzept für die Neue Welt, in dem Blues auch vorkommen wird, nur eben nicht mehr als feste Veranstaltungsreihe. Das hat auch zu tun mit der Neustrukturierung des Kulturamtes. „Urbankultur“ bedeutet, dass drei Locations bespielt werden, das Kulturzentrum Halle neun, die Exerzierhalle und als kleinster Raum die Neue Welt. Dazu kommen ab und zu auch Kooperationen mit den Betreibern anderer Hallen. „Unter der Überschrift Urbankultur laufen pro Jahr circa 180 Veranstaltungen. Dazu noch ein Bluesfest nach altem Muster mit 20 oder 30 Konzerten wäre einfach nicht zu stemmen“, sagt Neuburger.

Neue Welt als Listening Bar?

Es geht aber nicht nur um das Fassungsvermögen der Räumlichkeit, sondern auch um die Frage: Was passt in die Neue Welt? Neuburger nennt das Weltenklang-Festival, aber auch das neue Format „Young & Club“. Das ist eine Listening Bar, also eine Art Talkshow mit Musik. Als Gäste kommen Leute aus dem Musikbusiness, die ihre Vinyl-Lieblingsplatten mitbringen und dazu Geschichten erzählen. Innerhalb der „Urbankultur“ sind mehrere Projektleiter tätig. Neben Neuburger selbst sind das Joey Finger, Mona Huber und Claudia Müller. Jeder der vier kann die Neue Welt für sein Projekt nutzen, zum Beispiel das „Weltenklang“-Festival oder die Literaturtage. Dazu kommen externe Kuratoren wie Andreas Martin Hofmeir als Programmmacher für die Kabaretttage und Jan Rottau in ähnlicher Funktion für die Jazztage.

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Alle Veranstaltungen dieser Projekte, die einen geringeren Publikumszuspruch erwarten lassen, kommen also in die Neue Welt. Neuburger sieht das weit weniger nüchtern: „Es müssen natürlich schon Events sein, die zur Atmosphäre der Neuen Welt passen, über die nach der Umgestaltung ja viel diskutiert wurde. Der Geist der Neuen Welt ist durchaus noch vorhanden. Wir haben zum Beispiel Stehkonzerte mit Tonnen und Barhockern ausprobiert. Das klappt wunderbar.“ Es wird künftig auch viele Veranstaltungen geben, die nicht im Rahmen einer Reihe stattfinden, sondern als eigenständige Events mit besonderem Charakter. „Wir nennen das ,Belly & Heart‘. Dazu gehören unterschiedlichste Spielformen, etwa Folk, New Country, Alternative, Americana, Independent. Oder eben auch Blues, wenn auch im Vergleich zu früher in eingeschränktem Maße. Voraussetzung ist, dass die Musik aus dem Bauch kommt. Alle Konzerte dieser Rubrik finden ausschließlich in der Neuen Welt statt, sind als eine Art ,Empfehlung des Hauses‘ gedacht.“ Auch CD-Vorstellungen könnte er sich gut hier vorstellen, sagt Neuburger. Warum solle die Neue Welt nicht wieder die Heimat der Ingolstädter Szene werden?

Die Location sei ideal für genreunabhängige, analoge, handgemachte Musik. Gerade bei jungen Leute sei in dieser Hinsicht derzeit ein vermehrtes Interesse feststellbar. „Vermutlich können wir sogar leichter etwas Neues wagen als ein privater Veranstalter, der viel mehr auf Wirtschaftlichkeit achten muss als wir. Bei uns gibt es Budgets für einzelne Projekte, nicht aber für jede einzelne Spielstätte. Wir haben zwar nicht endlos Geld zur Verfügung, kämpfen aber auch nicht täglich ums Überleben. Das ist ein Zustand, den man bis zu einem gewissen Grad durchaus ausnutzen kann und auch sollte.“

Auch wenn im Falle der Neuen Welt noch nicht alles in trockenen Tüchern ist – so fehlen etwa noch die dringend notwendigen Verdunkelungsmöglichkeiten an den Fenstern und auch die Form der Bewirtung bei den Konzerten ist noch nicht geklärt – sieht Neuburger absolut optimistisch in die Zukunft. „Die Neue Welt ist ein Laden für Kenner“, sagt er. „Das war sie immer, das soll sie auch bleiben. Ein wunderbarer Ort für große Kunst in kleinem Rahmen.“

DK