Ingolstadt
Wo Drogen per Drohne kommen

26.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:02 Uhr
Zoë Beck las in der Diskothek Amadeus aus ihrem Krimi "Die Lieferantin". −Foto: Foto: Schaffer

Ingolstadt (DK) Bloß keine Regionalkrimis. "Die sollten auch noch lustig sein. " Zoë Beck kann sich heute noch darüber wundern. Damals, vor mehr als zehn Jahren, flieht sie einfach vor diesem Trend und dem Wunsch vieler Verleger. Setzt sich ab. Nach London. Statt kleinklein schreibt sie Großstadtthriller, statt Schönwetterbücher bissig-intelligente Krimis. Politisch, gesellschaftskritisch. Und das mit großem Erfolg.

Den mag man an den Verkaufszahlen, an den zahlreichen Auszeichnungen, aber auch daran ablesen, dass sie bei Bastei Lübbe und Heyne angefangen hat, ihr jüngstes Buch nun bei Suhrkamp verlegt wurde.

Im Rahmen der Ingolstädter Literaturtage las die 43-Jährige, die inzwischen in Berlin lebt, aus ihrem aktuell brisanten Thriller "Die Lieferantin". Ort der Handlung: London nach dem Brexit. Ort der Veranstaltung: die Diskothek Amadeus, Clubatmosphäre, Barbetrieb. Eine gute Wahl. Dramaturgie des Abends: ein Mix aus Gespräch mit Dirk Kruse vom Bayerischen Rundfunk und Lesung der Autorin. Die mit ihrer wunderbaren Stimme die eigen verfassten Grausamkeiten so ungerührt und mit leicht ironischem Unterton vorträgt, als würde sie nicht von Drogen, rotem Schleim, ausgeschlagenen Zähnen und einem einbetonierten Schutzgelderpresser lesen, sondern von der englischen Teetradition und der Rosenpflege.

"Die Lieferantin" ist der achte Krimi unter ihrem neuen Namen, fünf weitere hat Zoë Beck unter ihrem Geburtsnamen Henrike Heiland geschrieben. "Wer heißt denn bitte so. " Nach einer überwundenen Krebserkrankung, erzählt sie im persönlichen wie lockeren Ping-Pong-Gespräch mit Dirk Kruse, habe sie 2007 den Namen geändert. Zoë bedeute Leben auf Griechisch, und Beck würde auf Schottisch Bach heißen. Wasser möge sie, vor allem fließendes. Außerdem gebe es da auch noch die Musiker Beck, Bach.

Zoë Beck ist vielseitig. Nach dem Englischstudium hat sie Drehbücher für Kindersendungen geschrieben, hat bei der Kirch-Gruppe gearbeitet, ist Übersetzerin, Synchronregisseurin für Film und Fernsehen und Verlegerin. An diesem Abend lässt sie ihr Publikum auch an der umfassenden und akribischen Recherche teilhaben, was so spannend klingt, wie ihr Roman geworden ist. Organisierte Kriminalität, Darknet, Drogen, Drohnen. Beck entwirft mit einem klug gespannten Netz an Handlungssträngen und starken, fein herausgearbeiteten Charakteren ein bedrohliches Szenario. Konservative Kräfte kommen in England an die Macht, die Wirtschaft liegt am Boden, nationalistische Politik und Rassismus sind längst hoffähig, und die Regierung plant einen "Druxit", eine rigide "zero tolerance"-Drogengesetzgebung mit ungeahnten Folgen. All das ist analytisch, meinungsfreudig und unterhaltsam. Wie der Abend im Amadeus.
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Katrin Fehr