Neuburg
Vogelgezwitscher und feurige Koloraturen

Ensembles "Sonoritá" und "IJ Space" entscheiden den Biagio-Marini-Wettbewerb in Neuburg für sich

03.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:18 Uhr
Überglückliche Sieger im Kongregationssaal: Der diesjährige Biagio-Marini-Wettbewerb in Neuburg war äußerst kontrastreich und lebte von interessanten Instrumenten- und Stimmkombinationen. −Foto: Foto: Haberl

Neuburg (DK) Ein Rekord war schon aufgestellt, bevor überhaupt die ersten Töne erklangen: Der 19. Biagio-Marini-Wettbewerb fand im Rahmen der "heißesten Neuburger Sommerakademie aller Zeiten" statt, wie Kulturamtsleiterin Kathrin Jacobs bei ihrer Begrüßung sagte.

Im Kongregationssaal glühte trotz geöffneter Fenster die Luft, als wolle sie mit den sechs internationalen Kammermusik-Formationen um die Wette fiebern, die die neue künstlerische Leiterin Xenia Löffler im Vorfeld für diesen Abend ausgewählt hatte.

Ehrgeizige, aufstrebende junge Musiker - allesamt gekommen, um sich dem Urteil der Zuhörer und vor allem auch der anwesenden Fachjury zu stellen. Namensgeber Biagio Marini, der als barocker Komponist und Violinvirtuose fast 30 Jahre lang im Dienste von Herzog Wolfgang Wilhelm in Neuburg sowie an dessen Hof in Düsseldorf wirkte, hätte sich sicher gefreut über so viel hochkarätige Prominenz: Neben Xenia Löffler als Präsidentin und renommierter Oboistin vervollständigten die Dozenten des Akademie-Kursangebots für Alte Musik - Emma Kirkby, Peter Kooij, Leila Schayegh, Friederike Heumann, Gerhart Darmstadt, Han Tol, Christian Beuse, Jakob Lindberg, Gerhard Abe-Graf und Johannes Weiss - das Komitee.

Auf nachgebauten Originalklang-Instrumenten spielte unter intensiver Berücksichtigung der historischen Aufführungspraxis die Gruppe "La Récréation", die sich während des Studiums an der Frankfurter Musikhochschule kennenlernte. So setzten Caroline Rohde (Blockflöte), Anna Kaiser (Violine), Florian Streich (Cello) und Ortrun Sommerweiß (Cembalo) es sich zum Ziel, den musikalischen Ausdrucks- und Gestaltungsmitteln im Frankreich des 17. und 18. Jahrhunderts nahe zu kommen, die Musik im Geschmack der damaligen Zeit zu präsentieren. Nachdem sie während "La Piémontoise" von Francois Couperin immer mehr zu ihrem Zusammenklang gefunden hatten, gelang ihnen dies stimmig bei Jean Féry Rebells tänzerisch-anmutigen "Les plaisieres de champêtre".

Mit mehreren reizvollen italienischen Duetten von Giovanni Girolamo Kapsperger und Claudio Monteverdi begeisterte das vor zwei Jahren ins Leben gerufene deutsch-französische Ensemble "Due sopra il basso". Erfrischend authentisch riefen Altus Johannes Wieners, Bariton Jonathan Boudevin und Max Hattwich an der Laute bzw. Barockgitarre stürmisch zur Jagd und zum Weintrinken auf oder entbrannten in leidenschaftlichen Gefühlsausbrüchen wie auch in schmerzlichen Seufzern.
Gesanglich durchzogen war auch der Auftritt des 2015 in Utrecht gegründeten Quartetts "Coronis". Die luftige Sopranstimme von Iris van't Veer - souverän begleitet von Ada Pérez (Traversflöte), Gerrieke Verheij (Barockcello) und Tim Veldman (Cembalo) - wurde in André Campras wunderbar komponierter Kantate "Arion" unterstrichen durch eine lebendige mimische und gestische Darstellung.

Viel Gefühl, Virtuosität, musikalische Raffinesse und formvollendete Eleganz bot anschließend das in Frankfurt gegründete Ensemble "La Cantonnade", bestehend aus Miho Shirai sowie Zsuzsa Csige an der Traversflöte, Marie Colombat am Barockcello und Niklas Heineke am Cembalo, bei einer charmanten Triosonate von Jakob Friedrich Kleinknecht.

Anhand verschiedener facettenreicher Sonaten von Marco Uccellini, William Williams und Tarquinio Merula machte das Ensemble "Sonoritá" seinem Namen, der sich von dem italienischen Begriff für "Klangfülle" ableitet, alle Ehre. Mit ihrer unkonventionellen, mitunter improvisationshaft anmutenden Spielweise - unter anderem in Form einer hinreißenden Vogelgezwitscher-Imitation - eroberten Lea Sobbe und Hojin Kwon beim feinsinnig-augenzwinkernden Wechselgesang an den Blockflöten, Ekachai Maskulrat am Barockcello und Arianna Radaelli am Cembalo die Herzen des Auditoriums im Sturm. Sie errangen damit sowohl den vom Förderverein gestifteten Publikumspreis in Höhe von 500 Euro aus den Händen von Heinz Richter und Renate Koettgen als auch den von der Stadt Neuburg mit 1000 Euro prämierten 2. Platz, verliehen durch Xenia Löffler.

Mit der künstlerisch reifsten Darbietung konnte die Gruppe "IJ Space" aus Amsterdam die Jury von sich überzeugen und bekam von Oberbürgermeister Bernhard Gmehling den ersten Preis der Stadt im Wert von 2000 Euro überreicht. Ausdrucksstark, hochexpressiv, figurativ und illustrativ durchdrangen Yi-Chang Liang (Blockflöte), Asako Ueda (Erzlaute, Barockgitarre), Chia-Hua Chiang (Barockcello) sowie Machiko Suto (Cembalo) alle Tempi, harmonischen Stimmungswechsel, theatralischen Wendungen, feurigen Koloraturen und ornamentalen Verzierungen einer exquisiten Moll-Sonate des Neapoletaners Francesco Mancini.

Heike Haberl