Ingolstadt
Viel Seemannsgarn

Alex Burkhard bei den Kabaretttagen

17.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:40 Uhr
"Es gibt nichts, was durch Sprache nicht schöngeredet werden kann": Mit seinem Solo "Man kennt das ja" trat Alex Burkhard in der Neuen Welt auf. −Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Am Ende seines Aufritts in der Neuen Welt anlässlich der Kabaretttage gibt Alex Burkhard selbst den entscheidenden Hinweis, wie man mit seinem Programm umzugehen habe. Man halte es am besten wie mit Käpt'n Blaubär. Und der spönne bekanntlich Seemannsgarn.

Einerseits ist der Tipp ja gut. Man hätte Burkhard die Sache mit den Flirt-Apps für Hunde ja sowieso nicht abgenommen. Andererseits plädiert er - der Bayerische Meister im Poetry Slam, der das Thema "Sprache" ausdrücklich auf seine Fahnen geschrieben hat - dafür, man solle gefälligst Verantwortung übernehmen für die Sprache, und zwar inhaltlich. Formal eher weniger, was er ausdrücklich betont. Weswegen es ihm in Anlehnung an Bastian Sick im Grunde auch egal sei, ob nun der "Dativ dem Genitiv sein Tod" sei oder nicht. Das wiederum klingt durchaus ernst gemeint. Aber wo bleibt dann sein Plädoyer für den Erhalt des Konjunktivs? Warum geißelt er nicht den Trend hin zu gesprochenen verblosen Satzruinen?

Weil er sich selbst eher plaudernd durch den Abend hangelt, seine Geschichten frei Schnauze erzählt? Das kann nicht der Grund sein, denn die dazwischen gestreuten Sequenzen in gebundener Form, sein Gedicht über Ludwig II. etwa oder der ein oder andere Slam, sind wahrlich nicht von schlechten Eltern. Nur von Wilhelm Buschs "Max und Moritz" hätte er trotz all der in die Neubearbeitung gelegten Zeitkritik lieber die Finger gelassen. Im Vergleich mit dem genialen Original kann man nur als Verlierer von der Bühne gehen. Nein, das kann also nicht der Grund sein. Vermutlich gibt es für Burkhard einfach viel zu viel, was unbedingt noch erzählt werden muss.

Und so folgt Geschichte auf Geschichte, angeordnet in beliebiger Reihenfolge und ohne zwingenden kausalen Zusammenhang. Mal schimmert Käpt'n Blaubär durch, mal auch nicht, mal meint man ein Anliegen zu erkennen, mal die pure Lust aufs Alberne. Und schließlich passiert genau das, was nicht passieren sollte. Allmählich nämlich fällt die Spannung ab, die Sache ermüdet und der Abend mäandert inhaltlich, abgesehen von den gebundenen Passagen, irgendwie so dahin. Wie das bei Plaudereien nun mal so vorkommen kann.

"Es gibt nichts, was durch Sprache nicht schöngeredet werden kann", sagt Burkhard zu Beginn des Abends. Und später dann: "Die Klangfarbe einer Sprache sagt etwas über den Charakter eines Volkes aus." Das mag alles stimmen, aber warum richtet sich Burkhard dann so selten nach diesen doch von ihm selbst gewählten Sätzen? Warum lässt er dann seine Slams und Gedichte wie einsame Inseln herausragen aus dem großen Meer des Gewöhnlichen und Alltäglichen. Weil sie sich dann leichter Abheben vom Rest? - Ach, bestünde das Programm, das übrigens "Mann kennt das ja" heißt, doch ausschließlich aus Inseln und nicht gar so viel Meer.

Karl Leitner