"Video-Schalte ersetzt kein direktes Gespräch"

Uni-Dozent und Autor Michael Kleinherne über die Zeit mit Corona und das Lesefest Literapur 20

15.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:38 Uhr
Selfie im Eichstätter Hofgarten: Michael Kleinherne vermisst trotz digitaler Kontakte die persönliche Begegnung. −Foto: Kleinherne

Eichstätt - Seit zehn Tagen steht endgültig fest, dass das Sommersemester an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt komplett digital laufen wird Seitdem ist der Schriftsteller und Uni-Dozent Michael Kleinherne dabei, seine Angebote am Lehrstuhl Didaktik der deutschen Sprache und Literatur komplett umzustellen.

"Das macht mehr Arbeit als die eingespielte Vorbereitung auf ein Semester. Es soll ja wirklich alles sicher sein für die Studierenden. Aber Eichstätt ist im Gegensatz zu anderen Universitäten digital gut aufgestellt, was ich von anderen Kollegen so gehört habe. Dennoch ist es für alle eine große Umstellung und kostet viel Zeit. " Ob es dann ab Montag so laufe wie gedacht, müsse abgewartet werden. "Vielleicht muss doch noch mal etwas nachjustiert werden", sagt er aber im gewohnt gelassenen Ton.

Beim Festival LiteraPur 20 waren Kleinherne und sein Uni-Team, Dennis Pfefferkorn, Petra Preis, Elisabeth Schinagl und Janin Istenits, früher dran. "Als es langsam losging mit Corona und den Einschränkungen, haben wir uns zusammengesetzt und ohne zu zögern entschieden, dass wir das Festival, das für Ende Mai geplant war, auf alle Fälle verschieben", erzählt er. Dass er so früh alle Autorinnen und Autoren antelefonieren konnte, sei ihr Glück gewesen. "So haben wir das Festival genau um ein halbes Jahr, also auf Ende November, verlegt. Nur bei den Lesungen von Norbert Scheuer und Katharina Adler haben wir die Tage getauscht. Aber ansonsten läuft das Festival wie vorgesehen mit dem Schreibwettbewerb und den Schreib-Workshops. "

Jetzt hoffen alle, dass ab November wieder Veranstaltungen möglich sind. "Wobei unser Literaturfest keine Großveranstaltung ist. Notfalls müssen wir in einen größeren Raum umziehen", gibt er sich zuversichtlich. Auch das Thema "Aufbruch in die neue Zeit" für den Schreibwettbewerb musste nicht geändert werden. Da hatte das Team im vergangenen Jahr - wie seit 2012 gewohnt, als LiteraPur das erste Mal über die Bühne ging - den Finger am Puls der Zeit. "Wir befinden uns in einer Zeit der Umbrüche, die mit der Pandemie an Dynamik hinzugewonnen hat. Vielleicht gehen wir im November als Gesellschaft in eine andere Zeit oder es verändert sich wenig. " Das Programm bleibt jedenfalls gleich, zumal die Bücher Neuerscheinungen aus 2019 sind. Aus seiner Erfahrung als Autor weiß er, dass innerhalb eines dreiviertel Jahres nicht so viel Neues erscheint: Norbert Scheuer mit den "Winterbienen", Norbert Gstrein mit "Als ich jung war", Katharina Adler mit "Ida", Vea Kaiser mit "Rückwärtswalzer". "Titus Müller wird auf alle Fälle unterhaltsam sein, egal, was er mitbringt", fügt er hinzu.

Wie verrückt es aber auch im Literaturbetrieb gehen kann, hat Kleinherne im vergangen Jahr mit seinem eigenen Roman erlebt. Durch einen Wechsel in der Verlagsleitung wurde der Termin auf das Frühjahr verschoben. Durch die Corona-Pandemie wurde der Roman - die Suche eines jungen Mannes nach seinem Vater in den USA, eine Art Road-Movie - erneut verschoben. Auf diesen Herbst. Erst danach werde er über den nächsten nachdenken. "Das Buch ist dann schon ein Jahr fertig. Als Autor bin ich seit einem Jahr gespannt, wie die Resonanz sein wird. Überdies komme ich momentan nicht zum Schreiben", sagt Kleinherne, der wie andere auch langsam eine Rückkehr zum gewohnten Leben hofft. Wie gerne sitzt er in einem Café, liest Zeitung, macht Notizen, beobachtet und trifft Menschen. "Ich habe zwar mit Freunden unseren Freitagabend-Stammtisch ins Digitale verlegt", erzählt er. "Aber der direkte Kontakt, das unmittelbare Gespräch, fehlt mir. Das ist etwas anderes als eine Video-Schalte. "

DK

Barbara Fröhlich