Theater
Über Vorurteile und Rassismus

Jule Kracht inszeniert "Die Zertrennlichen" im Jungen Theater Ingolstadt

21.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:48 Uhr
Sie sind die "Zertrennlichen": Linda Ghandour und Benjamin Dami spielen Sabah und Romain. Premiere ist am 1. März. −Foto: Weinretter

Ingolstadt - "Rothäute und Bleichgesichter passen einfach nicht zusammen", sagt Sabah zu Romain. Sie kommen aus verschiedenen Welten, wohnen jedoch in einer Straße, genau gegenüber. Sabahs Wurzeln liegen in Algerien, Romains Eltern kommen aus Frankreich.

Sabah und Romain sind neun Jahre alt. Sie trägt eine Feder im Haar und sucht Verbündete im Kampf gegen den großen weißen Büffel. Er sitzt auf einem Schaukelpferd und galoppiert gegen seine Einsamkeit an. Erst beobachten sie sich gegenseitig. Dann stürzen sie sich in fantastische Abenteuer. Die Sioux und der Cowboy. Und irgendwie verlieben sie sich auch ein bisschen ineinaner. Doch der Alltagsrassismus der Eltern bestimmt ihr Leben. Als schließlich ein Streit zwischen den Vätern eskaliert und sich beide krankenhausreif prügeln, muss Sabah mit ihrer Familie in eine andere Stadt ziehen. Elf Jahre später versucht der inzwischen erwachsene Romain, Sabah wiederzufinden.

"Die Zertrennlichen" heißt das Stück von Fabrice Melquiot für Publikum ab neun Jahren, das 2018 mit dem Deutschen Kindertheaterpreis ausgezeichnet wurde und das am 1. März unter der Regie von Jule Kracht im Jungen Theater Ingolstadt Premiere hat.

Die hat in Ingolstadt schon bemerkenswerte Produktionen wie "Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt", "Ein Känguru wie Du" oder "Mein Ungetüm" auf die Bühne gebracht und war von den "Zertrennlichen" sehr angetan. Wegen der berührenden Geschichte und der poetischen Sprache. "Es ist ein bisschen aufgebaut wie ,Romeo und Julia'", sagt sie. Gleichzeitig aber auch wie ein Western. "Eigentlich spielen die beiden Cowboy und Indianer." Deshalb hat sie sich auch von Jim Jarmuschs Schwarz-Weiß-Western "Dead Man" inspirieren lassen. Timo Willecke hat für das Stück die Musik komponiert, und auch die klingt sehr cineastisch. "Wenn man die Augen zumacht, könnte man das Stück auch wie ein Hörspiel genießen."

In den Rollen von Romain und Sabah: Benjamin Dami und Linda Ghandour. "Beide Schauspieler haben Migrationshintergrund. Lindas Vater ist Syrer. Benjamin hat eine französische Mutter und einen tunesischen Vater. Beide sind in ihrer Kindheit mit Rassismus und Vorurteilen konfrontiert worden", sagt die Regisseurin.

Von Nora Lau stammt die Bühne, die auf zwei Ebenen funktioniert und eine Art Waldspielplatz darstellt. Zum einen ist da eine Art Tipi für Sabah, zum anderen ein Gerüst mit einer Tonne, auf der Romain wie auf einem Pferd sitzen kann. "Die Bühne ist sehr durchlässig. Man kann viele Räume aufmachen", erklärt Nora Lau. "Die Betonästhetik der Werkstattbühne, die sonst relativ schwierig ist, passt diesmal perfekt als Hochhaussiedlung", fügt Jule Kracht an.

"Die Zertrennlichen" ist ein Stück über das Zusammenleben verschiedener Kulturen auf engem Raum und über die zerstörerische Kraft von Vorurteilen und Rassismus. Jule Kracht: "Das Stück ist ganz klug geschrieben - und eignet sich für Kinder und Erwachsene."

DK


Die Premiere am 1. März um 18 Uhr ist bereits ausverkauft. Neben zahlreichen Schülervorstellungen gibt es frei verkäufliche Vorstellungen am 21. März und am 4. April. Kartentelefon (0841) 30547200.

Anja Witzke