Trivialer Klassenkampf

Eugene O'Neills Stück "Der haarige Affe" im Münchner Volkstheater

10.12.2019 | Stand 02.12.2020, 12:25 Uhr
Verquaste Parabel über soziale Ungleichheit: Jakob Immervoll und Jonathan Müller. −Foto: Declair

München - Nein, ein Publikumserfolg wird diese Neuinszenierung nicht werden.

Zwar haben sich alle Beteiligten, vom Regisseur über die Schauspielerinnen und Schauspieler bis zu den kreativen Verantwortlichen für Bühne und Kostüme, redlich bemüht und gaben für diese Neuinszenierung ihr Bestes. Aber warum dieses Stück aus der Asservatenkammer der mit Recht vergessenen Theatertexte herausgeholt wurde, bleibt schleierhaft.

Ein Renner auf zahlreichen Bühnen in den USA und in Europa war "Der haarige Affe" des amerikanischen Autors Eugene O'Neill (1888-1953) in den 1920er- und 1930er-Jahren zweifellos. Immerhin haben Hugo von Hofmannsthal und viele andere Theaterkoryphäen dieses 1922 in New York uraufgeführte Stück geradezu hymnisch besungen, und Peter Stein hat diese "Komödie vom alten und vom neuen Leben" (so der Untertitel) 1986 in Berlin zu reanimieren versucht, aber trotzdem ist dieses Werk eine wenig aufregende und reichlich verquaste Parabel über soziale Ungleichheit und das - vergebliche - Bemühen um den sozialen Aufstieg eines Unterprivilegierten.

Im düsteren und unwirtlichen Kesselraum eines Luxusdampfers (Bühnenbild: Vincent Mesnaritsch) malochen drei von Hitze, Schweiß und Kohlenstaub gezeichnete und erschöpfte Heizer: Der Zausel Paddy (Jakob Immervoll) räsoniert, vom Alkoholkonsum zunehmend befeuert, über Gott und die Welt samt den miesen Arbeitsbedingungen in diesem Kabuff, während Long (Silas Breiding) die Kumpel mit politischen Parolen bei schlechter Laune hält. Und Robert Smith, genannt Yank (Jonathan Müller), ist felsenfest davon überzeugt, dass ohne ihn weder das Schiff den nächsten Hafen erreichen würde noch die Erde weiterhin existieren könnte. Soweit, so platt.

Doch als die Millionärstochter Mildred Douglas (Nina Steils im weißen Cocktailkleidchen) und ihre schrille Freundin Katherine Clifton (Luise Deborah Daberkow) auf Erkundungstour durch den Luxusliner streifen und im Kesselraum landen, fällt die arme reiche Mildred beim Anblick dieses Elends nicht nur in Ohnmacht, sondern dem guten Yank wird der Zwiespalt zwischen Arm und Reich dabei erst so richtig bewusst: Er sieht sich als Mensch zweiter Klasse, als der Titel gebende "Haarige Affe".

Nachdem das Schiff im New Yorker Hafen eingelaufen ist, versucht er auf der Fifth Avenue, die mondänen Flaneure mit gesellschaftskritischen Parolen zu provozieren, wird von der Polizei verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Nach seiner Entlassung hofft Yank wenigstens von der Gewerkschaft Unterstützung zu erhalten, die ihm diese jedoch nicht gewährt. Frustriert und von allen - wie er glaubt - zum Affen abgestempelt, begibt er sich zu "Seinesgleichen" in den Tierpark, wo ihm ein echter Gorilla auflauert und ihn in tödlicher Umarmung erdrosselt. Schluchz!

Eine als Komödie getarnte Schnulze des 1936 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichneten O'Neill, die der Regisseur Abdullah Kenan Karaca hier mit reichlich expressionistischem Furor in Szene gesetzt hat und doch ein mit moderaten Klassenkampfsprüchen angereichertes Trivialstückchen bleibt.

DK


ZUM STÜCK
Theater:
Volkstheater, München
Regie:
Abdullah Kenan Karaca
Bühne:
Vincent Mesnaritsch
Kostüme:
Elke Gattinger
Nächste Vorstellungen:
11. und 19. Dezember, 2., 12. und 16. Januar 2020
Kartentelefon:
(089) 523 46 55