Triple auf dem Tollwood

Beim „Rocking Circus“ stehen mehrere Musiklegenden auf der Bühne

13.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:04 Uhr
Die berühmteste Querflöte der Rockhistorie: Der Schotte Ian Anderson begeisterte das Publikum auf dem Tollwood. −Foto: Travis Latam

München (DK) In mehrfacher Hinsicht wird an diesem Tag das Maximum erreicht. Unter dem Motto „Rocking Circus“ ist das Zelt ausverkauft, die maximale Spielzeit bis 22 Uhr wird ausgeschöpft und mit Sweet, Jethro Tull by Ian Anderson und Manfred Mann’s Earth Band sind gleich drei gleichberechtigte Classic-Rock-Acts am Start. Die mit insgesamt fast 150 Jahren Bandgeschichte auch ein Maximum an Erfahrung und Hits auf die Bühne bringen.

Den Anfang machen die Glam-Rocker Sweet um Originalmitglied Andy Scott an der Gitarre, die heuer schon 50-jähriges Bestehen feiern können. Das tun sie bereits ab sechs mit Gassenhauern wie „Hell Raiser“, „Action“ und „Teenage Rampage“. Anfängliche vermeintliche Stimmprobleme des langjährigen Sängers Pete Lincoln verschwinden im Laufe der Show und werden auch durch eine geschlossene Team- und Sangesleistung der anderen aufgefangen. Klar kommt hier keiner mehr bei einem enthusiastisch bejubelten Evergreen wie „Love Is Like Oxygen“ so hoch hinauf wie früher. Das tut dem Unterhaltungswert aber keinen Abbruch, und Sweet gehen nach einer knappen Stunde mit „Ballroom Blitz“ siegreich von der Bühne. 
 
Mit Jethro Tull by Ian Anderson bleibt es ebenso legendär, wird musikalisch aber etwas sperriger. Anderson, der bereits 70 Jahre und seine Band, die immerhin 50 auf dem Buckel haben, frönen dem eher komplizierten Progressive Rock. Musikalisch und vor allem instrumental mit Anderson an der Querflöte ist das zwar beeindruckend, eignet sich aber nicht so gut zum Mitsingen. Dennoch werden die kunstvollen Songs zwischen Rock, Folk und Klassik gut angenommen. Wenn der Bandleader im typischen Einbeinstand seine markante Technik wie das Anblasen mit gleichzeitigem Stimmeinsatz zur Schau stellt, ist das schon beeindruckend. 
 
Faszinierend auch die Umsetzung eines Johann-Sebastian-Bach-Werkes. „Bourrée in E minor“ beschert den klasse Instrumentalisten sogar Szenenapplaus. Zwischen den Titeln gibt es immer wieder Anekdoten zu den Stücken und ehemaligen Mitgliedern. Laut Anderson hatten Jethro Tull bis heute 36 verschiedene Musiker. Zum Schluss folgen mit „Aqualung“ und „Locomotive Breath“ nach 80 fordernden Minuten noch zwei Hits, die das Publikum mit viel Applaus feiert.
 
Nach nur kurzer Umbaupause steht im prall gefüllten Zelt dann bereits der letzte Programmpunkt des Abends an. Die seit 47 Jahren aktive Manfred Mann’s Earth Band um den namensgebenden Keyboarder geht zwar stellenweise auch progressiv, aber doch wieder eingängiger ans Werk. Auch hier wieder klasse instrumentale und, vor allem von Robert Hart, der seit 2011 dabei ist, starke vokale Leistungen. Mann selber verlässt immer wieder sein Keyboard-Pult und tritt mit einer tragbaren Version nach vorne.
 
Wenn die Band dann Cover von Bruce Springsteen wie „For You“ und „Blinded By The Light“ sowie „Davy's On The Road Again“ von John Simon präsentiert, ist die Begeisterung groß. Dank der Bearbeitung der Earth Band verbindet schon lange niemand mehr diese Rockklassiker mit den Originalen. Auch nicht das final ausufernd zelebrierte „Quinn the Eskimo (The Mighty Quinn)“, das ja eigentlich von Bob Dylan stammt. Mit dem dann pünktlich und nach maximaler Unterhaltung der „Rocking Circus“ um zehn Uhr endet.