Wien
"Tatort" mit Wiener Strizzis

12.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:38 Uhr

Wien (DK) Kommissarin Bibi Fellner fährt mit ihrem Ford zu ihrem alten Freund "Inkasso Heinzi", die beiden setzen sich vor seiner Autowerkstatt auf eine Bank, essen Leberkässemmeln, und er sagt zu ihr: "Du verstehst mein Leberkäs-Dilemma: Eine ist immer zu wenig, zwei sind zu viel, drei für zwei, so hat es der Herrgott wollen." Es ist die schönste Szene in dem rundum gelungenen neuen Österreich-"Tatort: Her mit der Marie!".

Nahe Wiens bietet sich den Ermittlern unweit einer Landstraße ein verwirrendes Bild: Eine vorerst nicht identifizierbare Leiche wird gefunden, die Täter haben es der Polizei gezielt schwer gemacht dahinterzukommen, was sich abgespielt hat. Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) arbeiten sich Schritt für Schritt voran: Was ist passiert? Wer ist der Tote? Nach und nach kommt ans Licht, dass der Geldbote vom "Dokta" (Erwin Steinhauer), einem alteingesessenen Wiener Großkriminellen, überfallen wurde. Es ging wahrscheinlich um viel Geld. Doch wer beraubt ausgerechnet den "Dokta"? Das fragen sich nicht nur Moritz und Bibi, sondern auch der Bestohlene selbst.

In keinem anderen "Tatort" - von Luzern bis Dresden, München bis Köln - wird so konsequent mit Dialekt gearbeitet wie in Wien. "Siegst ned des Auto, das uns schon seit Schwechat dranpickt", "Mei Marie muas wieda her, host mi": Hier leben die Charaktere stark von der Sprachfärbung. Das ist gut so. Man nimmt sie ihnen nicht - wie im Schweizer "Tatort" - weg. Stefan Hafner und Thomas Weingartner setzen auf Figuren, die zwischen Realität und Karikatur hin- und herschwanken. Die Dialoge sind punktgenau und teils herrlich pointiert. Die Story erweist sich zu Beginn als undurchsichtig, zunehmend wird sie klarer, bis zum Finale bleibt sie spannend.

Nach der Episode "Virus" ist "Her mit der Marie!" der zweite "Tatort", den Barbara Eder inszeniert hat. Die Regisseurin zieht alle Register. Die Eröffnungsszene in karger Landschaft, die Tristesse Wiener Spelunken, das schillernde Rotlichtmilieu - das kommt alles stimmig rüber. Und was wären Wiener Krimis ohne die richtigen Typen. Erwin Steinhauer spielt den "Dokta" famos, Christopher Schärf als Pico Bello ist der verschlagene Emporkömmling, Johannes Krisch als Jukic der perfekte böse Bube. Und dann ist da noch Simon Schwarz: Lange musste man warten, bis sein "Inkasso Heinzi" wieder einen tragenden Part im Wiener "Tatort" spielen durfte. Jetzt ist es soweit.

"Tatort: Her mit der Marie!" am Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD.

Volker Bergmeister