Tango mit Maske

Stimmungsvolles Konzerterlebnis: Sunset Orchestra Nights mit dem GKO

02.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:51 Uhr
Auf der Donaubühne begeisterte Aydar Gaynullin. −Foto: Schaffer

Ingolstadt - Gute Unterhaltung im sommerlichen Ambiente am Donaustrand: Die Sunset Orchestra Night hat am Freitagabend knapp 300 Gästen ein hochwertiges Open-Air-Erlebnis mit dem Georgischen Kammerorchester beschert, das man trotz zahlreicher Hygiene-Auflagen genießen konnte - eine Wiederholung mit gleichem Programm gab es am Samstagabend.

Wie viel Aufwand eine solche Veranstaltung momentan bedeutet, bemerkte man schon beim Betreten des Geländes: Ordner füllten die Plätze im Sand, auf den Stufen und auf der Wiese an der Donaubühne möglichst systematisch auf und geleiteten die Gäste zu ihren Sitzen. Zettel zur Datenerfassung mussten eingesammelt werden. Zusammenrücken durfte nur, wer aus einem Hausstand kommt, sonst galt der Mindestabstand.

Als die Sonne hinter den Bäumen am gegenüberliegenden Donauufer verschwand und das Orchester - sommerlich gewandet in Jeans und weißen Hemden oder Blusen - die Bühne betrat, stellte sich der Open-Air-Genuss sofort ein. Das Programm hätte für den Anlass kaum besser gewählt sein können: Filmmusik von "Taxi" bis zur "Fabelhaften Welt der Amélie", Piazzolla-Tangos, bekannte Pop-Rock-Melodien. Dazu Solisten, die sehr gut mit dem Orchester harmonierten: Aydar Gaynullin am Akkordeon, Schlagzeuger Philipp Bernhardt und Gitarrist Alexey Wagner.

Einige Überraschungen, gutes Entertainment und eine herzliche Atmosphäre gestalteten den Abend äußerst angenehm. Orchester und Solisten bewiesen dabei den Anspruch, die vertrauten Melodien besonders zu interpretieren. Schostakowitschs bekanntem, oft in Filmen verwendetem Walzer Nr. 2 aus der Suite für Varietéorchester verpasste Aydar Gaynullin beispielsweise mit einer tiefen Lage auf dem Akkordeon eine neue Klangfarbe und im Mittelteil spielte das GKO wunderbar wiegend und pointiert wie ein Varieté- oder Zirkusorchester. Auch Astor Piazzollas "Oblivion" und "Libertango" waren verführerisch, dabei aber geschmackvoll, nie zu schwülstig. Voller interessanter Stimmungen und wunderbarer Melodien waren auch die beiden preisgekrönten Filmmusik-Kompositionen von Aydar Gaynullin, "Euphorie" und "East Rhapsody", bei denen Orchester und Solisten mit ansteckender Freude zusammenwirkten.

Unterhaltsam war der Abend gleich mehrfach: Der russische Akkordeonist Aydar Gaynullin bewies seine Entertainer-Qualitäten. Er ahmte mit dem Instrument Atmen oder Flügelschlagen nach, zeigte Virtuosität, machte Witzchen und Show-Gebärden und sang zur Krönung mit Maske, dabei aber sehr einnehmend den Tango "Por una cabeza" von Carlos Gardel aus dem Film "Der Duft der Frauen". Dirigent Ruben Gazarian überzeugte nicht nur durch die Interpretationen seines Orchesters, sondern unterhielt zudem auch als Moderator. Als Allzweckwaffe erwies sich der Orchestergeiger Igor Loboda, der mit schelmischer Freude zusätzliche Klangfarben von Kastagnetten über Kolbenflöte bis Maultrommel beisteuerte. Überhaupt war das Orchester in lockerer Stimmung: Auch Gazarian schlug zwischendurch mal das Becken, als der Percussionist Philipp Bernhardt gerade mit seiner Rahmentrommel beschäftigt war.

Und nicht zuletzt meinte es der warme Abend gut mit der Sunset Orchestra Night: Auf der Brücke und hinter dem Zaun sammelten sich viele weitere Schau- und Hörlustige, zum "Walzer der Amélie" flog ein Reiher vor dem blau-rosa Himmel auf und ab, später flatterte eine Fledermaus vorbei. In leiseren Passagen der Musik drangen die Geräusche fröhlicher Menschen im Klenze-Park herüber. All das erzeugte eine verführerische Sommerabend-Laune.

DK