Ingolstadt
Der Stil des Bauhauses und vieles mehr

Tag des offenen Denkmals

06.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:27 Uhr
Joachim Goetz
Spektakulärer Flachbau: Vom Kelten Römer Museum in Manching aus kann eine sportliche 30-Kilometertour um 14 Uhr ins bronzezeitliche Grabhügelfeld im Lauterbacher Holz unternommen werden. −Foto: Foto: Michael Heinrich

Ingolstadt (DK) Der Tag des offenen Denkmals an diesem Sonntag steht unter dem Motto „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur”. Dabei geht es natürlich auch ums Bauhaus-Jubiläum – und doch um viel mehr. Wir stellen einige sehenswerte Bauwerke aus der Region vor.

Das Jubiläum „100 Jahre Bauhaus" geht auch an dem „Tag des offenen Denkmals“ – seit 1993 von der Stiftung Denkmalschutz veranstaltet – nicht spurlos vorbei. Deutschlands größte Kultur-Veranstaltung lockt am Sonntag wieder zigtausende Besucher in sonst oft unzugängliche Gebäude. Das spröde vom Bauhaus inspirierte Motto: „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur”. Aber weiße Häuser mit Flachdächern und schmalen, dunklen Fensterrahmen sind nicht alles. Umbrüche gab’s immer. Das spiegeln Umbauten, Umnutzungen, Veränderungen an Gebäuden wider: der Fokus der Aktion. So können etwa in Ingolstadt in der Innenstadt mehrere nun für Wohnzwecke vorgesehen Häuser besichtigt werden. In der Schulstraße 1 wird eine alte Schäfflerei – noch unrenoviert – von 10 bis 17 Uhr komplett zugänglich sein. Die Eigentümer erklären ihr Sanierungskonzept um 10.30 und um 14.30. In der Kupferstraße 19 darf man von 10 bis 17 Uhr eine leere, bereits sanierte Wohnung besichtigen. Der Fensterbauer wird seine Sicht der restauratorischen Dinge erläutern. Einiges zur Geschichte eines alten Stadtbauernhauses – urban farming im Mittelalter – erfährt man in der Taschenturmstraße 5 um 10.30 und 14 Uhr. Außerdem spricht der Architekt über seine Planung. Freilich besteht der Denkmaltag aus mehr als Wohnen. In der Stadt beteiligen sich viele fußläufig zu erreichende Museen. Insgesamt sind in Ingolstadt 17 Objekte zu besichtigen.

Auch umliegende Orte machen auf sich aufmerksam. Schloss Jetzendorf, Förderprojekt des Veranstalters, wird nach der Sanierung vorgestellt.  Wers sportlich mag, ist im Kelten Römer Museum Im Erlet 2 in Manching gut aufgehoben. Stundenlange Radtouren  und kürzere Führungen vermitteln die Umbrüche aus frühester Zeit –  als sich die diesbezüglich rückständigen Kelten etwa bei der Planung des Manchinger Oppidums Rat bei den damaligen Koryphäen des Städtebaus, den Griechen und Römern holten.  Denkmalpflege lohnt sich offensichtlich – obwohl sich die Fördermittel seit 1990 von 25 auf jetzt 11 Millionen Euro mehr als halbiert haben. 

Informationen: www.tag-des-offenen-denkmals.de

HAUS LANG

In den 50er-Jahren machten Architekten – das fordern (eigentlich auch heute noch) die Statuten dieses von einer Berufskammer kontrollierten freien Berufs – ausschließlich durch ihre freilich auch publizierten Bauten Werbung. Ein spektakuläres Beispiel dafür: die von Johann Lang und Reinhard Kolb entworfene großflächig verglaste „Zigarrenkiste“ (Volksmund) am Ingolstädter Brückenkopf 8 1/2. Das lediglich auf drei Stahlbetonstützen und einer dekorativen Ziegelmauer ruhende, scheinbar frei über einem Wasserbasin schwebende eingeschossige Flachdach-Objekt diente seinem (1966 gemeinsam mit seiner Tochter in seinem Ingolstädter Hotel ermordeten) Erbauer einst als Architekturbüro. Ins aufwendig renovierte Denkmal (seit 2007) ist nun eine Praxis für TCM eingezogen. Zu besichtigen von 10 bis 12 Uhr.

PFARRKIRCHE ST. JOSEPH

Was für ein Umbruch: 3000 Kubikmeter Sand schütteten die Untermaxfelder ins vier Meter tief ausgegrabene Moos, verdichteten den Untergrund und bauten 1988 die neue St.-Joseph-Kirche drauf. Damit ihnen so etwas nicht nochmal passiert: 1986 musste die über 100 Jahre alte, mit neoromanischen, neobarocken und richtig barocken Altären und Figuren ausgestattete alte Kirche wegen Baufälligkeit abgebrochen werden. Die durch den weichen Untergrund verursachten Risse waren nicht mehr zu kitten. Die unter Denkmalschutz stehende sakrale Innenausstattung wurde in den Neubau integriert. Den 1. Preis für den Entwurf der  Kunstverglasung gewann Anita Rist Geiger. Das und noch viel mehr erfährt man um 14 Uhr während der Führung durch den Kirchenpfleger Georg Forstner.
 

DOLLNSTEIN ALTMÜHLZENTRUM

In letzter Minute 2007 gerettet wurden die ehemaligen Wirtschaftsgebäude der Burg Dollnstein, die bis 1980 landwirtschaftlich genutzt wurden und in der Zwischenzeit zu einer bemitleidenswerten, einsturzgefährdeten Bauruine verfielen. Man hatte mit dem Altmühlzentrum endlich ein adäquate Nutzung für das 1445 unter Herrschaft der Eichstätter Bischöfe an der Ringmauer errichtete Gebäude gefunden. Seit 2012 ist das schmucke Ausstellungsgebäude offen. Besonders bemerkenswert: Der über 500 Jahre alte Eichendachstuhl wird von einem neuen filigranen Stahltragwerk unterstützt, wurde erhalten und blieb sichtbar. 2010 erhielt der findige Umbau den Bayerischen Denkmalpflegepreis in Gold. Am Sonntag dürfen Kinder damit an der historischen Spindelpresse Münzen prägen. Führungen um 10.30, 14 und 16 Uhr.

 

KATHARINEN-GYMNASIUM

Der Architekt Hardt-Waltherr Hämer hat Ingolstadt nicht nur mit dem Stadttheater beglückt, sondern auch mit dem seit 2013 unter Denkmalschutz stehenden Katharinen-Gymnasium in der Jesuitenstraße 10. In Ingolstadt liebevoll „Katherl“ genannt, huldigt das Gebäude, das zwischen 1967 und 1970 entstand, ebenfalls der von Hämer zu dieser Zeit geschätzten Beton-Lyrik. Die sich durch ausdrucksvoll grobe Schalungen und eine polygonale Baustruktur auszeichnet. Den rechten Winkel schätzte man damals nicht besonders. Führungen durch den sonst nicht geöffneten zwei- bis fünfgeschossigen Bau, der 1976/77 eine sich nach oben verjüngende Erweiterung auf Backsteinsockel mit Bleiverkleidung erhielt und an der Stelle des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers steht, gibt's um 10.30 und 13.30 Uhr. 
 

PFARRHAUS ALS KINDERGARTEN

Wenn man für Pfarrhäuser keine Verwendung mehr hat, macht man halt Kindergärten draus. Dachte man sich in Vohburg-Menning.Und stellte sich mutig den Herausforderungen, die der Umbau eines in Teilen von 1521 stammenden Hauses mit sich bringt. Frei erkennbar musste es bleiben, die barocken Fenster erhalten. Auch die viel zu niedrigen Innentüren und ein Kachelofen sind schützenswert und blieben wie sie waren. Das größte Problem: Der Raumplan mit kleinen und kleinsten Räumen entspricht einfach nicht den Anforderungen an einen Kindergarten. Wie Architekt Bortenschlager das Problem löste, 50 Kindergarten- und 12 Krippenplätze schuf, erklärt er bei Führungen um 10:30 und 13:00 Uhr in der Kirchstraße 4 in Vohburg-Menning.

 

BALTHASAR-KRAFT-HAUS

Es war schon aus der Denkmalliste gestrichen, dann wieder eingetragen und jetzt so vorbildlich nachhaltig restauriert, dass ein bisschen Patina verlorenging: Die kriegt das Balthasar-Kraft-Haus in Pfaffenhofen aber wieder.Highlight: Das „Studiolo“ mit Erker – wohl das Präsentationszimmer des Künstlers Kraft (1820-89), der mit den Fassadenfiguren „Hl. Maria – unsere Zuflucht“ und „Hl. Joseph - unser Vorbild“ sowie dem Scheyerer Kreuz auf dem Erker überdeutlich seine Frömmigkeit zur Schau stellte. Die seiner „Kunstanstalt für kirchliche Arbeiten“ sicher nicht schadete. Nun wurde sein Haus frisch bau- und haustechnisch generalsaniert, erhielt einen Anbau. Geöffnet von 13 bis 16 Uhr erklären halbstündig Führungen und Vorträge das Leben und Wirken Krafts. Scheyererstraße 10, Pfaffenhofen.
 

Joachim Goetz