Shakespeare und Schutzbengel

30.01.2009 | Stand 03.12.2020, 5:14 Uhr

In dem Krimi "Die Quittung" ist Heikko Deutschmann (mit Anke Sevenich) am 3. Februar um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen. - Foto: Wehner/ZDF

Berlin/Ingolstadt (DK) Die erste Rolle war schicksalhaft. Im mehrfachen Sinn. Denn zum einen hat dieser Peter Squenz, den Heikko Deutschmann im Alter von elf oder zwölf Jahren in der Schultheater-Aufführung des "Sommernachtstraums" spielte, die Faszination am Theater, auch an einer bestimmten Form von Freiheit geweckt.

Wir erinnern uns: Peter Squenz hält bei Shakespeare nicht nur als Regisseur seine "Meisters" auf Trab, sondern ist auch der Autor der "höchst kläglichen Komödie und des höchst grausamen Todes des Pyramus und der Thisbe".

Und Heikko Deutschmann hat nach seiner Schauspielausbildung an der Hochschule der Künste in Berlin, nach Engagements an der Berliner Schaubühne, am Thalia Theater Hamburg oder am Schauspielhaus Köln und neben zahlreichen Fernsehrollen Ende der 90er Jahre auch ein Studium an der Drehbuchakademie der Deutschen Hochschule für Film und Fernsehen Berlin absolviert. Vielleicht, weil er zu viele schlechte Drehbücher gelesen hat?

Heikko Deutschmann (47), der gerade an der Arbeit zu einem neuen Drehbuch sitzt, lacht. "Nein, nein. Das hat gar nichts damit zu tun. Man wird ja auch nicht Schauspieler, weil man schlechte Schauspieler sieht, oder Arzt, weil einem etwas wehtut. Es geht um das Interesse zu schreiben, bestimmte Inhalte zu transportieren und dafür Geschichten zu erfinden. Es geht auch darum, Geschichten und Inhalte von Anfang an mitzubestimmen. Das kann man als Schauspieler ja nicht." Zumindest nicht oft.

Anders bei der ZDF-Serie "Kanzleramt", wo Heikko Deutschmann nicht nur als Redenschreiber des Bundeskanzlers vor der Kamera stand, sondern unter seinem Rollennamen Alexander Nachtweih einen kolportagehaften Tagebuchroman schrieb, der als "Kanzleramt. Aufzeichnungen eines Insiders" auf den Markt kam.

Nicht nur durch seine (schauspielerische) Nähe zum Film hat sich Heikko Deutschmann für das Schreiben von Drehbüchern statt von Belletristik entschieden, es kommt seinem Lebens- und Arbeitsrhythmus einfach entgegen. Schließlich steht der Schauspieler oft vor der Kamera – für Kinofilme wie "Der demokratische Terrorist" oder "Rotwang muss weg", für Fernsehproduktionen von Serien wie "Kanzleramt" bis zum "Tatort". Und obwohl der Schwerpunkt seines künstlerischen Schaffens derzeit im Drehen liegt, will er eine Rückkehr auf die Bühne nicht ganz ausschließen. Auf das Angebot kommt es an. Er zögert. Will keine Rollen, keine Namen nennen. Aber ein Shakespeare-Stoff wäre immer verführerisch.

Heikko Deutschmann hat noch eine weitere Leidenschaft: Sie gilt dem Lesen – und als Vorleser ist er am Donnerstag, 5. Februar, auch im Ingolstädter DK-Forum zu erleben. Milan Kunderas "Unerträgliche Leichtigkeit des Seins" hat er vor zwei Jahren als Hörbuch eingesprochen. Ein Projekt, für das er sofort Feuer und Flamme war, als Random House ihm das Angebot unterbreitete. "Die beiden extrem unterschiedlichen Lebensentwürfe der Paare" faszinierten ihn ebenso wie die Spiegelung der Welt – auch der Zustand der Unterdrückung – in dem Liebesverhältnis. Die Suche nach Glück. Die Entscheidung für das innere Exil. Die Tiefe der Figuren. Die Schönheit der Sprache. Heikko Deutschmann gerät ins Schwärmen. Dann wieder dieses schöne Lachen. "Und außerdem ist es eine kleine Rache an den frühen 80er Jahren. Denn damals mussten alle Männer dieses Buch lesen, weil alle Frauen davon fantasierten. Schon aus diesem Grund habe ich es damals nicht gelesen."

Dabei liest er gern und viel, beruflich wie privat – und deckt dabei ein breites Spektrum ab. Gerade hat er sich "Verbrechen und Strafe" (früher "Schuld und Sühne") noch mal vorgenommen. Und gleich- zeitig den neuen Roman von Bodo Kirchhoff, "Erinnerungen an meinen Porsche", den er gemeinsam mit dem Autor Mitte Februar an den Hamburger Kammerspielen vorstellen wird.

Und dann gibt es da noch eine andere Seite von Heikko Deutschmann: Er engagiert sich seit Jahren in der Aktion "Schutzbengel" für benachteiligte Jugendliche. Nicht nur, weil er selbst Vater von vier Kindern ist, sondern auch, "weil man das Glück, das man selber erfahren hat, auch ein bisschen zurückgeben will".

Heikko Deutschmann liest am Donnerstag, 5. Februar, um 19.30 Uhr im Rahmen des Festivals LeseLust im DK-Forum.