Rom auf 44 Millimetern

Staatliche Münzsammlung in München zeigt Medaillen aus fünfhundert Jahren Papstgeschichte

25.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:33 Uhr
Jede Münze hat zwei Seiten: Papst Alexander VII. mit dem neu gestalteten Petersplatz. Johannes Paul II. und die Muttergottes von Fatima sowie die drei Seher-Kinder, 1982. −Foto: Staatl. Münzsammlung

München - Obwohl sie aussehen wie eine Münze, sind sie kein Zahlungsmittel: Medaillen, geprägt im Auftrag des Papstes.

 

Beliebt sind die runden Scheiben aus Gold, Silber oder Bronze als Geschenk - ob an den Koch im Vatikan oder an den Präsidenten eines Landes. Spannend ist, dass seit 1605 alljährlich auf 44 Millimeter Durchmesser eine "Botschaft des Jahres" verkündet wird. Eine Auswahl von 150 Exponaten aus fünf Jahrhunderten zeigt jetzt die Ausstellung "Glänzende Propaganda - Die metallene Stimme des Papstes im Museum der Staatlichen Münzsammlung München.

 

Johann Wolfgang von Goethe hat es getan, und unter den Wittelsbachern Herzog Albrecht V. im 16. Jahrhundert: das Sammeln von Münzen und Medaillen. 300000 Objekte in Gold, Silber oder Bronze lagern in München, und trotz seiner privilegierten Lage in der Residenz ist dieser Schatz wenig bekannt. Die Ausstellung zum Papsttum zeigt als "Zugabe" in einer gesonderten Vitrine auch originale Kopfbedeckungen sowie die roten Schuhe von Benedikt XVI.

 

Im Mittelpunkt der wohldurchdachten Schau, die Oberkonservator Professor Kay Ehling eingerichtet hat, stehen jene Medaillen, die auf der Vorderseite den Kopf des amtierenden Papstes zeigen, auf der Rückseite eine Bild-Botschaft. Was nie gezeigt wird, ist Jerusalem oder das Heilige Land, denn gemäß dem katholischen Selbstverständnis gilt Rom als das "neue Jerusalem".

 

Erste Medaillen wurden im 15. Jahrhundert geprägt: Rodrigo de Borgia ließ 1492 darstellen, wie er unter einem Baldachin zu Papst Alexander VI. gekrönt wird. Größe und Form dieser Medaillen änderten sich durch die Jahrhunderte kaum, wohl aber die Botschaft. So zeigt Papst Alexander VII. im Jahr 1661 den von Gianlorenzo Bernini neu gestalteten Petersplatz und darüber den Architekturplan mit dem damals geplanten Flügelbau, der den Platz zur Stadt hin abriegeln sollte. War hier der Papst als Bauherr Thema, so verbildlichte Innozenz XII. 1694 seine eigene Frömmigkeit: Auf stattlichen zehn Zentimetern Durchmessern öffnet ein Pelikan seine Brust, um mit dem Blut seine Kinder zu tränken - ein damals beliebtes Symbolbild für Christus. Eine einschneidende Entscheidung verbreitet die Medaille von Clemens XIV. im Jahr 1773 - die Aufhebung des Jesuitenordens. Auf der Motivseite weisen Christus, Petrus und Paulus die Angehörigen der "Societas Jesu" ab mit den Worten: "Ich habe euch niemals gekannt, geht alle weg von mir" (Lukas 13,27). Welches Thema im jeweiligen Jahr die Medaillen aufgreifen, ist die Entscheidung des Papstes. Pius XI. zeigt die heilig gesprochenen Humanisten Thomas More und John Fisher im Jahr 1935; möglicherweise eine subtile Reaktion auf den sich manifestierenden Faschismus in Italien und Deutschland.

Die Moderne, was Themen und Gestaltung der Medaillen anbelangt, beginnt nach dem Zweiten Weltkrieg. Pius XII. lässt das metallene Geflecht von Radiomasten neben einem ähnlich gestalteten Kreuz in den Himmel ragen. Paul VI. beauftragt renommierte Künstler wie den italienischen Bildhauer Giacomo Manzù - die Ausstellung ergänzt sein Papst-Porträt durch eine Skulptur aus Privatbesitz. Die Öffnung der Kirche, angestoßen durch das Zweite Vatikanische Konzil, zeigt sich auch unter Johannes Paul II. in der freien Gestaltung der Medaillen und innovativen Techniken der Oberflächengestaltung. Benedikt XVI. kehrte zu traditionellen Prägungen zurück. Das Gesetz, dass auf der Vorderseite stets das Antlitz des Papstes zu sehen ist, durchbricht erst Franziskus, indem er sich zusammen mit einem dunklehäutigen Kind abbilden lässt. Man darf gespannt auf das diesjährige Thema sein: am 29. Juni, dem Fest Peter und Paul.

DK


Staatliche Münzsammlung München, Residenzstraße 1 (Durchgang zum Brunnenhof), bis 17. Januar, Di-So 10-17 Uhr.
 

Annette Krauß