Ingolstadt
Pflastersteine aus Plüsch, Tropfen aus Porzellan

Pop-up-Store im Studio Famos: 19 internationale Designer zeigen handgefertigte Stücke unter dem Motto "Multiple or not"

28.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:14 Uhr
Verwirrspiel: Theresia Fladl hat Molotowcocktails und Pflastersteine aus Plüsch genäht. −Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) Im Spannungsfeld zwischen Design und Kunst bewegen sich 19 Designer, die derzeit im Studio Famos in Ingolstadt unter anderem Möbel, Porzellan, Plakate, Wandobjekte, Schmuck, T-Shirts, Karten, Yogakleidung aus komplett rückführbaren Cellulosefasern sowie diverse Lederwaren zeigen.

"Multiple or not" lautet der Titel der international besetzten Ausstellung und weist auf moderne Kunstwerke hin, die industriell und serienmäßig hergestellt werden - so die Definition von "Multiple". Wobei alle Exponate nicht nur in einer Mindestauflage von drei Stück vorhanden, sondern auch handgefertigt sind, wie Julia Well vom Designerunternehmen schnellervorlauf betont. Keine Vorgabe hatten die Künstler und Designer bezüglich Thema oder Aussage. Dass sich etliche in ihrer Arbeit politisch positionieren, sei Zufall, sagt Well, füge sich aber gut zusammen.

So hat Theresia Fladl Molotowcocktails und Pflastersteine aus Plüsch genäht, Axel Lagerborg hat einen Regiestuhl umfunktioniert, indem er dem Segeltuchstuhl die Aufschrift "Dictator" auf die Rückseite verpasst hat. Der Jüngste im Bunde, der 24-jährige Louis Schreyer aus London, zeigt T-Shirts mit dem Aufdruck "Nato-Kids? und den Daten von Nato-Einsätzen des 20. Und 21. Jahrhunderts, von Iran 1953 über Guatemala 1954, Nicaragua 1981, Serbien 1999 bis Irak 2003 und Jemen 2015.

In scharfem Kontrast zur kritischen Botschaft steht der Hintergrund, vor dem die T-Shirts hängen - naiv-bunt, fast kindlich anmutend in kräftigen Farben gemalt. "Designer haben den Anspruch, dass ihr Werk gefällt, Künstler wollen eher provozieren", definiert der Österreicher Markus Well das Spannungsfeld für sich persönlich. Er hat Geldbörsen aus naturgegerbtem Leder mitgebracht, die nur gefaltet werden, also ohne Klebstoff oder Nähte auskommen. Er geht sparsam mit Ressourcen um und verwendet für seine Lichtinstallation, die er gemeinsam mit Tobias Kastel erstellt hat, Bohrkerne als Sockel für zierliche LEDs, die indirekte Beleuchtung ermöglichen. Geschaltet und gedimmt werden sie, indem der metallene Trägerstab berührt wird - die Elektronik dazu befindet sich komplett im ausgehöhlten Sockel. Überbleibsel aus dem Entstehungsprozess liegen daneben. Geweihe aus Zweigen hat Stefan Späth heimischen Wildtieren aufgesetzt, Sabine Wachs zeigt Studioporzellan in Tropfen- und Helixform. "Ich teile meine persönliche Küchengrafik mit den Ausstellungsbesuchern", sagt Stefanie Gulden. Ihre sechs grell-neonfarbenen Grafiken haben es in sich. Mal fordert John Wayne "more cheap milk", die "garantiert nicht vom Bauern kommt", mal nimmt sie Superfood aufs Korn, das null Kalorien, dafür künstliche Geschmacksstoffe verspricht und mit der Herkunft aus fernen Ländern wirbt. Ungewöhnliche Exponate sind die Weine vom Weingut Schilling oder der Gin namens "Wilder Lenz".

Auffallend die größte Installation aus beleuchtetem Plexiglas auf Lärchen- und Fichtenholz des Linzers Andreas Thaler, die Raummitte einnimmt, eher dezent schmiegen sich dagegen Gisela Hoffmanns mit dem Laser geschnittenen und heiß in Form gebrachte "Cluster" an die Wand. Hoffmann stellt wie Christoph Dahlhausen über die Galerie Marietta Haas aus.

Studio famos, Harderstraße 22, Ingolstadt: Pop-up-Store bis Mittwoch, 5. Dezember. Mo bis Fr von 11 bis 19 Uhr, Sa von 11 bis 16 Uhr, Freitag, 30. November, von 11 bis 24 Uhr.

Andrea Hammerl