Oper für alle... unter dreißig

Die Bayerische Staatsoper in München hat ein Programm für junge Erwachsene aufgelegt, das begeistert angenommen wird

15.09.2020 | Stand 02.12.2020, 10:33 Uhr
Senkt entschlossen den Altersdurchschnitt in der besten Preiskategorie der Staatsoper: Lilly Seidel. −Foto: privat

München - Der Studentenrabatt war schon jahrelang eher theoretischer Art an der Bayerischen Staatsoper. Bei dem chronisch ausverkauften Opernhaus gab es normalerweise überhaupt keine Restkarten mehr an der Abendkasse zu verhökern.

 

Erst recht nicht welche zum reduzierten Preis!

Seit letzter Saison ist das anders, da wurden 10000 Karten speziell an Menschen unter 30 verkauft - und ganz bewusst nicht nur an solche, die noch studieren oder in der Ausbildung sind. Damit reagierte die Staatsoper nicht zuletzt auf die Altersstruktur ihres Publikums, die sich vor allem beim Blick aus dem Rang gut abbildet: Dann ist unten, im Parkett alles weiß.

Die Marketingabteilung brütete daher ein unkompliziertes Angebot aus, wie es auch die Lindenoper in Berlin, die Mailänder Scala, die New Yorker Met oder das Teatro Real Madrid praktizieren: Ein Ticketkontingent für alle unter 30, buchbar für eher symbolische 10 Euro pro Karte. Es gilt jeweils für einen jungen Menschen samt jugendlicher Begleitung und wird vorab via Internet verkauft.

Dass man in München damit klotzt, nicht kleckert, bestätigt die U-30 Kundin Lilly Seidel (24) aus Augsburg. Sie studiert in München und erinnert sich noch gut an das erste Mal, als sie Tickets ergattern konnte: "Das war ,Fidelio' und wir hatten Superkarten, ganz weit vorne. Dazu eine tolle Inszenierung, tolle Sänger - man kann jeden Schweißtropfen sehen, wenn man soweit vorn sitzt! Ich war noch nie so nah dran."

Die Philosophie-Studentin erfüllt dabei die Hoffnung der Staatsoper, mit dem Angebot neues Klientel zu gewinnen, nicht ganz. Schon als Kind ging sie mit ihren Eltern gern in die Oper. Aber die Häufigkeit und Art, wie sie jetzt zu ihren Karten kommt, ist auch für sie eine neue Erfahrung. "In Studium und Freundeskreis hat sich eine Gruppe gebildet, alle interessieren sich dafür. Da sitzt jeder am Computer, wenn die Karten online gehen und zuvor wird sich abgesprochen. Man kann nämlich nur zwei Karten pro Computersitzung bestellen. Dafür bekommt man Punkt 19 Uhr eine Wartenummer - einmal war das bei mir dann gleich die 1500, aber sogar da hab ich letztlich noch was bekommen."

Monatlich werden zwischen 1000-2000 U-30 Tickets freigegeben, wie Pressesprecher Christoph Koch (40) erläutert: "Da sind wirklich Highlights dabei, Neuproduktion, Konzerte, ein schöner Mix aus Klassikern und Neuem in voller Bandbreite und in unseren besten Kategorien. Das Konzept geht auf, 50 Prozent der Käufer haben nie zuvor Karten bei uns gekauft, was wir daran erkennen, dass neue Kundenkonten angelegt werden. Es ist ein Programm, das Türen weit öffnet."

Damit die jungen Opernbesucher überhaupt auf das Angebot stoßen, ist das Haus auf Kanälen wie Twitter und Instagram rege vertreten. Dort gibt es auch Hintergrund-Storys - und tatsächlich sind ja die Fotos der schick herausgeputzten jungen Besucherinnen und Besucher im opulenten Foyer auch von hoher "Instagrammability". Die U30-Fraktion nutzt diese Kanäle aber auch für Verabredungen, zum Kommentieren der Vorstellungen oder zum Tausch von Tickets. Denn an ältere Besucher weitergeben oder gar weiterverkaufen darf man den Kartensegen natürlich nicht, darauf achtet die Staatsoper genau.

Aufgrund der Theaterschließung und der derzeitigen Beschränkungen dürften die Tickets dieses Jahr noch heftiger umkämpft werden. Los geht es mit dem Vorverkauf für den Monat Oktober am Montag, 21. September, um 19 Uhr. Neben "L'elesir d'amore", "Wozzeck" und Macbeth" werden dann drei Konzerte und eine Einführungsmatinee für das junge Publikum freigeschaltet. Und ganz bestimmt sitzt auch Lilly Seidel wieder pünktlich am Computer.

DK


Das geplante Programm bis Ende der Saison sowie alle aktuellen U-30 Vorverkaufstermine stellt die Staatsoper unter www.staatsoper.de/U30 zusammen.