Obereichstätt
"Es ist ein Teufelsungeheuer, es ist ein Abenteuer"

Alf Lechner über Stahl, seine Kunst und die Faszination von Obereichstätt Erinnerung an einen Besuch 2005 in seinem Skulpturenpark

26.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:35 Uhr

Künstler am Steuer: In seinem Jeep ist Alf Lechner gerne durch den ehemaligen Steinbruch in Obereichstätt gefahren, wie hier kurz vor seinem 80. Geburtstag. Aus dem fürstbischöflichen Eisenhüttenwerk haben er und seine Frau Camilla ein Refugium und ein Zentrum für moderne Kunst gemacht. ‹ŒArch - foto: Fehr

Obereichstätt (DK) Manchmal hat der Meister des Stahls sich oder Gäste über das beeindruckende Gelände in Obereichstätt (Kreis Eichstätt) gefahren. Alf Lechner saß dann am Steuer des schwarzen Jeeps, ganz in seinem Element.

Inmitten des Steinbruchs, der ihn faszinierte, "weil hier früher überall Meer und Korallenriffe waren", wie er schwärmte. Umgeben von seinen monumentalen Skulpturen, wie Riesenspielzeug verteilt, im Wechselspiel mit dem Licht, den Jahreszeiten, der Natur. Kontrast und Dialog gleichermaßen.

Im Jahr 2000 waren Alf Lechner und seine Frau Camilla ins Altmühltal gezogen, mit tonnenschwerem Gepäck. Aus dem ehemaligen fürstbischöflichen Eisenhüttenwerk und den historischen Gebäuden hat das Ehepaar ein Refugium und ein Zentrum für moderne Kunst gemacht. "In den Hütten bin ich, weil es laut ist", sagte Lechner bei einem Besuch im März 2005 wenige Wochen vor seinem 80. Geburtstag. Und in Obereichstätt? "Weil ich dort Ruhe habe."

Lechner war ein Schwerstarbeiter mit enormem Schaffensdrang, war ein Suchender, der aus flüssigem, feurigem Material, aus gigantischen Rohlingen eine unglaubliche Vielfalt an Skulpturen geschaffen hat. Geometrische Formen in der Polarität zwischen Masse und Leichtigkeit, Schwere und Fragilität. Die Wandelbarkeit des Materials faszinierte ihn. "Es ist ein Teufelsungeheuer, ein Abenteuer", sagte Lechner an jenem sonnigen Frühlingstag vor fast zwölf Jahren über Stahl. Und fügte noch an: "Und er lebt." Meinte damit den Rost, die Patina, wenn sich die Oberfläche der Skulptur wandelt, wenn das Werk Wind und Wetter ausgesetzt ist.

Alf Lechner erzählte gerne über seine Kunst und sein Schaffen. Weniger, um sich in den Mittelpunkt zu stellen, sondern um sein skulpturales Konzept zu erklären, bei dem, wie er sagte, "Rationalität und Emotionalität, Verdichtung und Auflösung, Kalkulation und Zufall, Technik und Natur, Disziplin und Chaos, Denken und Fühlen keine Widersprüche sind." Er konnte aber auch zurückhaltend sein oder verschmitzt, wenn er eine Frage fröhlich mit einer Gegenfrage beantwortete. Etwa die nach der Zahl seiner Werke. "Ist das wichtig" Lechner wusste, dass er keine gefällige Kunst schuf. "Kunst kann gar nicht gefällig sein", war er überzeugt. Ihm ging es um Wahrnehmung, um das Schärfen der Sinne. "Entscheidend ist, dass man fähig ist, zu sehen, zu erkennen."