Neuburg
Vielfalt der musikalischen Stile

Die Premiere der Kammermusikreihe an diesem Wochenende bietet bei sechs Konzerten auch eine Uraufführung und einen Grammy-Preisträger

06.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:44 Uhr

Hochkarätig besetzt: Grammy-Preisträger Augustin Hadelich tritt beim ersten Kammermusikfestival in Neuburg auf. - Foto: Valenta

Neuburg (DK) Die Zeit, in der Kammermusik nur im kleinen Rahmen, also in der namensgebenden Kammer, zu hören war, ist längst vorbei. Und doch kommt das Genre in vielen Köpfen nicht über ein Nischendasein hinaus. Zu Unrecht, finden die Organisatoren des ersten Neuburger Kammermusikfestivals. An diesem Wochenende, von Freitag bis Sonntag, wollen sie die gesamte Vielfalt des Musikstils zeigen und zugleich mit einigen Vorurteilen aufräumen.

Das Programm dazu darf als durchaus ambitioniert gelten und bietet auch eine Uraufführung. Es geht um das Erkennen von Zusammenhängen, um ein Miteinander und um einen offenen Umgang mit der Musik. Und darum, die starre Trennung zwischen Musikern und Publikum aufzulösen. "Wir wollen Grenzen sprengen, die eigentlich nur in den Köpfen existieren", erklärt Tobias PM Schneid ein wesentliches Ziel des Festivals. Der in Neuburg lebende Komponist ist zugleich Vorsitzender des eigens für das Festival gegründeten Vereins Neuburgmusik.

Diese Grenzen - das kann nicht nur die unsichtbare Mauer zu den Akteuren auf der Bühne sein, welche die Organisatoren beispielsweise bei einem musikalischen Spaziergang durch Neuburg, mit einem Festivalcafé sowie mit kurzen Einführungen vor den Konzerten niederreißen wollen. Nicht allein das Klangerlebnis, sondern auch die Arbeit der Musiker soll auf diese Weise in den Mittelpunkt rücken. Und auch rein musikalisch wird eine klare Abgrenzung der Stile bei dem Festival nicht immer erkennbar sein. Voran bei der Uraufführung von Markus Stockhausens "Perspectives of Perception", zu Deutsch "Perspektiven der Wahrnehmung". Das Stück, das Solisten des Münchener Kammerorchesters am zweiten Festivaltag aufführen, wird der Komponist und Trompeter Stockhausen anschließend mit seinem Partner Florian Weber (Piano) als Jazzimprovisation aufgreifen und neu deuten.

Jazz und Kammermusik? Was auf den ersten Klang doch recht unterschiedlich erscheint, hat für die Macher des Festivals durchaus eine reizvolle Verbindung. "Jazz ist auch eine Art von Kammermusik", findet Kelvin Hawthorne. Der Bratschist aus New York, der mit dem Klarinettisten Stefan Schneider das Leitungsteam des Festivals bildet und obendrein mit ihm auch selbst auf der Bühne stehen wird, weiß, dass er sich mit dieser Aussage durchaus auf dünnes Eis begibt. Beispiele für eine derartige Verknüpfung gibt es aber zuhauf, etwa das Album "Fancy Chamber Music" der US-amerikanischen Jazzkomponistin Carla Bley. "Wir wollten jemanden, der beide Dinge kann und der sein Werk nicht einfach nur verjazzt", betont Schneid. Auch die beiden zeitgenössischen Komponisten Jörg Widmann und Gregor A. Mayrhofer orientieren sich immer wieder am Jazz; beide sind ebenfalls in Neuburg zu hören, darunter Mayrhofers "Lageder Oktett", das am gleichen Wochenende in Los Angeles seine Erstaufführung auf US-Boden feiert. Mit der erhofften Deutschlandpremiere in Neuburg wird es zwar nichts; vergangene Woche war das Oktett in München zu hören. Mayrhofer wird aber an die Donau kommen, um sein Werk vorzustellen, und nicht in die Staaten reisen.

Besonders stolz sind die Organisatoren darauf, dass während des Festivals eine Klanginstallation für das Internet entsteht. Andreas Fischer, Tonmeister beim Bayerischen Rundfunk, wird dazu an allen drei Tagen Aufnahmen sammeln und auf diese Weise auch einen Einblick in die Atmosphäre hinter den Kulissen und bei den Proben geben. Und auch den Auftritt von Augustin Hadelich als Solist werten Schneid und Co. als Höhepunkt. Der Deutsch-Amerikaner gilt als einer der weltbesten Violinisten und ist im Januar knapp an seinem zweiten Grammy vorbeigeschrammt. "Ihn würden wir jetzt gar nicht mehr bekommen", weiß Stefan Schneider. Hadelich wird zum Auftakt des Festivals neben dem Münchener Kammerorchester auf der Bühne stehen und dabei den Bogen von der Klassik in die heutige Zeit spannen - mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart sowie zweier zeitgenössischer Komponisten, dem Briten Thomas Adès und dem Norweger Per NørgÃ¥rd.

Eine mutige Mischung zwischen Kammermusik, Neuer Musik und Jazz, das wissen auch die Organisatoren. "Doch ein solches Risiko gibt es bei jedem künstlerischen Projekt", sagt Schneid. Sollten die Besucher dieses Wagnis belohnen und zu den Konzerten strömen, dürfte einer zweiten Auflage des Festivals im nächsten Jahr nichts im Wege stehen.

 

Karten für alle Konzerte des ersten Neuburger Kammermusikfestivals vom 9. bis 11. März gibt es in den DK- Geschäftsstellen. Erhältlich sind auch Kombitickets.