München
Zu dick aufgetragen

Die Uraufführung von Thomas Schmausers "Du mein Tod" in den Kammerspielen kann nicht überzeugen

21.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:28 Uhr

Verpfuschtes Leben: Robert (Ursula Werner) in „Du mein Tod“ in den Münchner Kammerspielen - Foto: Mirbach

München (DK) Robert ist 53 Jahre alt und transsexuell. Eine Frau war er früher. Brust und Eierstöcke waren verkrebst, weshalb er sich langwierigen Operationen unterziehen musste, die nicht nur seinen Körper, sondern auch seine Psyche zerstört haben.

Jetzt sitzt er apathisch, im Holzfällerhemd und einen Cowboyhut auf dem Kopf, in seinem schmucklosen Wohnzimmer und wartet auf den Tod. Doch bis es so weit ist, erzählt er seiner Geliebten Lola Cola, die früher ein Mann war, von seinem traurigen, verpfuschten Leben, von seinem Krebsleiden und seiner Geschlechtsumwandlung. Die Lebensfreude ist der Resignation gewichen. Nur für kurze Zeit flammen Erinnerungen an eine schönere Zeit auf. Doch das ist lange vorbei.

Keine leichte Theaterkost serviert der Autor und Regisseur Thomas Schmauiser mit seinem Stück „Du mein Tod“, das dem Film „Southern Comfort“ von Kate Davis aus dem Jahre 2000 nachempfunden ist. Eine durchaus anrührende Geschichte könnte hier von der Bühne des Werkraums der Münchner Kammerspiele in Ursula Werners höchst empfindsamer Darstellung des krebskranken Robert wehen, wenn Thomas Schmauser es bei der Seelensezierung dieses unheilbar Kranken belassen hätte. Aber nicht nur die Figur der Lola Cola (Peter Brombacher), die wie das Gespenst von Charleys Tante mal mitfühlend, mal bemüht witzig seinem Freund Robert beisteht, zerstört die Anteilnahme der Zuschauer an Roberts Schicksal, sondern auch noch das junge Paar Max und Cas (Barbara Dussler und Morgane Ferru), das ebenfalls in dieser Wohngemeinschaft lebt – und auch transsexuell ist.

Ein bisschen zu dick aufgetragen ist diese Story, die leider sehr rasch ins Melodramatische umkippt, wenn klar wird, dass dieses Pärchen nicht nur in gegenseitiger zärtlicher Liebe sich ergeht, sondern der geschlechtsumgewandelte Max zudem Roberts weitaus jüngerer Lover ist. Dazu ein – vermutlich geschlechtsloser – Gitarrist (Ivica Vukelic), der zur Beruhigung der aufgewühlten Gemüter Songs à la Cat Stevens und Arlo Guthrie beisteuert und bisweilen ebenso grundlos wie kräftig ausflippt. Und warum zu Beginn dieser gut eineinhalbstündigen Psychoschnulze ohrenbetäubende Geräusche von Bohrmaschinen und anderen Lärmquellen minutenlang den Zuschauerraum beschallen müssen, wird in dieser Inszenierung eh nicht klar.

Schade, dass das ernste Thema dieses Stückes trotz der durchaus berührenden Darstellung des Robert durch Ursula Werner in dieser heillos auf einen trivialen amerikanischen Mitleidsschmachtfetzen getrimmten Uraufführung zunichte gemacht wird. Das Premierenpublikum freilich jubelte nicht nur den Schauspielern, sondern auch dem hier in Personalunion tätigen Autor und Regisseur kräftig zu.

 

Weitere Aufführungen heute sowie am 8. und 29. Juni; Karten unter Telefon (0 89) 2 339 66 00 und muenchner-kammerspiele.de.