München
Mit weiß-blauem Touch

Auch wenn es für Kommissar Kluftinger keine Fortsetzung gibt: Heimatkrimis im Fernsehen sind nach wie vor äußerst beliebt

03.09.2018 | Stand 23.09.2023, 3:58 Uhr
Die Kluftinger-Krimis mit Herbert Knaup als Kommissar sind gerade abgesagt worden. Sie hatten sinkende Einschaltquoten. −Foto: Düren/ Constantin

München (DK) In Berchtesgaden und Umgebung entsteht gerade eine neue Heimatkrimiserie des Bayerischen Rundfunks, die 2019 ins Erste kommt. "Watzmann ermittelt" spielt in Deutschlands höchstem Krimirevier, als Kommissare Benedikt Beissl und Jerry Paulsen sind Andreas Giebel und Peter Martin zu sehen. Bettina Ricklefs, Executive Producer des BR, freut sich: "Eine neue bayerische Farbe für den Vorabend im Ersten mit spannenden Krimifällen vor attraktiver Watzmann-Kulisse mit einem ungewöhnlichen Ermittlerduo und spezieller Familienbindung - das macht das Besondere dieses Formates für uns aus."

Heimatkrimis sind seit vielen Jahren fester Bestandteil des Programms und erfreuen sich großer Beliebtheit. In Bayern gab es sogar einmal eine eigene Reihe mit dem Titel "Heimatkri-mis". Vor einigen Tagen wurde auf dem "Heimatkanal", der nur für Pay-TV-Kunden von Sky empfangbar ist, der Würzburg-Krimi "Freiwild" wiederholt. Er bildete vor zehn Jahren den Auftakt der Reihe. Es folgten Krimis aus dem Allgäu, aus Niederbayern, aus Franken, aus den Alpen und schließlich aus Starnberg. Mit "Die reichen Leichen" von Dominik Graf endete die Reihe 2014.

Einer der Ermittler schaffte den Sprung ins Erste: Kommissar Kulftinger durfte noch viermal in der ARD ran. Ende 2016 war auch für den eigenwillig-kauzigen Allgäuer Schluss. Und das, obwohl die Autoren Michael Kobr und Volker Klüpfel dem "Klufti" noch einige weitere Fälle auf den Leib geschrieben haben, die sich als Bücher bestens verkaufen. "Da die letzten Filme nach Romanen von Klüpfel & Kobr die hohe Zuschauerresonanz der ersten beiden Kluftingerkrimis ?Erntedank' und ?Milchgeld' leider nicht mehr erreicht haben, wird die Reihe im Ersten nicht fortgesetzt", hieß es dazu vom BR. Und dabei bleibt es laut Auskunft des Senders. Die Autoren, die übrigens am 3. Dezember mit ihrer Jubiläumstour Station in Manching machen, wollen aber, dass es weitergeht. "Es gibt Überlegungen, dass es irgendwann in irgendeiner Form wieder Verfilmungen geben wird, denn wir sind grundsätzlich von der Verfilmbarkeit unserer Bücher überzeugt. Allerdings nicht mehr in der bisherigen Konstellation", geben sich Klüpfel & Kobr aber noch bedeckt.

Anders bei Franz Eberhofer, der Figur der Krimiautorin Rita Falk. 2013 kam mit "Dampfnudelblues" der erste Eberhoferkrimi in die Kinos, weitere folgten. In diesem Sommer läuft "Sauerkrautkoma" im Kino, nach der Auswertung auf der Leinwand kommt das neue Abenteuer des Dorfpolizisten, gespielt von Sebastian Bezzel, dann in die ARD. Und es geht weiter. Stefanie Heckner, verantwortliche Redakteurin beim BR sagt dazu: "Derzeit erfreuen wir uns an der großen Begeisterung für ?Sauerkrautkoma' im Kino. Der fünfte Eberhoferkrimi hat schon mehr als 530000 Zuschauer. Und ist nach wie vor in Bayern und Österreich die Nr. 1 der Kinocharts. Für September ist der Drehbeginn von ?Leberkäsjunkie' geplant."

Bereits seit 2011 läuft im Vor-abendprogramm der ARD die beliebte Serie "Hubert und Stal-ler". Sieben Staffeln lang haben Christian Tramitz und Helmfried von Lüttichau gemeinsam ermittelt. Letzterer steigt am Ende diese Jahres mit einer Episode in Spielfilmlänge aus. Die 8. Staffel läuft ab 2019 ohne ihn und trägt den Titel "Hubert ohne Staller".

In gewisser Weise sind auch die bayerischen Produktionen für die ARD-Reihen "Tatort" und "Polizeiruf 110" Heimatkrimis - wenn auch nicht wie Kluftinger oder Eberhofer zum Schmunzeln und mit Augenzwinkern, sondern meist mit gesellschaftlich relevanten Themen und spannenden Inszenierungen - zuweilen aber auch in leichter Tonart. Die Krimis bieten Geschichten aus München und Umgebung mit den Dauerbrennern Batic & Leitmayr, seit ein paar Jahren aus Franken mit Paula Ringelhahn und Felix Voss sowie ebenfalls aus München die eher sperrigen Fälle mit Hanns von Meuffels, der 2019 aus dem "Polizeiruf 110" aussteigt.

Die damalige Heimatkrimi-Reihe hat Stephanie Heckner verantwortet. Die ist mittlerweile für das Flaggschiff "Tatort" zuständig, hat mit dem Standort Franken einen zweiten Bayern-"Tatort" etabliert und greift bei Regisseuren, Autoren und Schauspielern gerne auf Leute zurück, die schon die Heimatkrimis geprägt haben - wie Max Färberböck und Rainer Kauf-mann. So ist das Ganze ein flie-ßend-dynamischer Prozess.

Dass es noch mehr Krimis gibt, die in Bayern spielen und Land und Leute mit all ihren Eigenarten zeigen, liegt auch am ZDF. Der Sender aus Mainz hat längst den Freistaat als Filmland entdeckt. Und die Krimis mit weiß-blauen Touch kommen gut an. Da gibt es die "Rosenheim-Cops", den "Chiemsee-Krimi" mit Kommissar Hattinger, gespielt von Michael Fitz (im Sommer wurde "Hattinger und die kalte Hand" wiederholt) oder die deutsch-österreichische Grenzkrimi-Reihe "Die Toten von Salzburg" und der bayerische Familienwestern "Schwarzach 23" mit Maximilian Brückner.

Bayern-Cops gibt es also viele - schräge, skurrile, eigensinnige clowneske, anarchistische, auch biedere und brave. Und dem-nächst mit "Watzmann ermittelt" auch noch welche, die hoch hinaus wollen. Spannend wird es zu beobachten, wohin sich Heimatkrimis unter dem Eindruck des neuen Serienbooms entwickeln. Mit der Serie "Hindafing", einer Mischung aus bayerischem "Fargo" und "Breaking Bad", zwar mehr Drama- als Krimiserie, hat der Bayerische Rundfunk im vergangenen Jahr eindrucksvoll bewiesen, dass man sich auch hier weiterentwickelt und bereit ist, neue Wege zu gehen: schräger, frischer, frecher. Bitte mehr davon!

Volker Bergmeister