München
Mit geballter Faust und dicker Lippe

Billy Idol bringt das Zelt der Tollwood-Musik-Arena in München zum Kochen

04.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:08 Uhr
Billy Idol hat das Rocken auch mit 62 nicht verlernt. −Foto: Bergen/dpa

München (DK) Mit seinen 62 Jahren macht Billy Idol immer noch eine ziemlich gute Figur auf der Bühne. In diversen Lederjacken, im T-Shirt oder mit blankem Oberkörper. Wenn er dann noch die Faust ballt und die Oberlippe hochzieht, fühlt man sich automatisch in die 80er-Jahre zurückversetzt.

Noch ein Jahrzehnt früher setzen Kaiser Franz Josef aus Wien musikalisch an. Oft erinnert der Sound des österreichischen Trios an den von Led Zeppelin. Von daher ist neben eigenen Stücken ein Cover von „Whole Lotta Love“ nur logisch. Besonders die starke Stimme des Sängers, die der von Chris Cornell nicht unähnlich ist, begeistert große Teile des prall gefüllten Zeltes.
 
In dem wird es zusehends schwüler und stickiger. Die Stimmung ist dennoch prächtig, als um kurz nach acht der gewohnt kurzhaarige blonde Edelpunk Billy Idol und seine herausragende Band mit „Shock To The System“ fast etwas zu leise loslegen. Dafür wird es schon beim zweiten Lied „Dancing With Myself“ aus der Zeit mit der Punk-Formation Generation X seitens des Publikums umso lauter. „Pumping On Steel“ aus dem Jahr 1990 und „Can’t Break Me Down“ vom 2014er-Album „Kings & Queens Of The Underground“ nehmen die gut 5000 Anwesenden zwar wohlwollend, aber nicht ganz so enthusiastisch auf. Allerdings zeigt sich hier die musikalische Klasse von Idols Band, allen voran natürlich Gitarrist Steve Stevens. 
 
Mit seiner typisch spektakulären, hohen Frisur und diversen Gitarren mit eindrucksvoller Optik – mal in roter Metal-Flake- und mal in Leopardenmuster-Lackierung – legt sich der Grammy-Preisträger mächtig ins Zeug. Und lässt sich schon früh zu starken Posen wie dem Gitarrenspiel hinter dem Kopf hinreißen. Auch mit diversen Geräten und Klängen wie dem Ray-Gun-Effekt mittels einer modifizierten Plastikpistole überrascht er mehrmals. Was früher eher eine Billy-Idol-Show war, entwickelt sich zusehend zur Steve-Stevens-Show. Vollkommen zu Recht gibt es eigene T-Shirts des 59-jährigen Musikers, der unter anderem schon mit Michael Jackson zusammengearbeitet hat. Idol weiß aber auch um die Bedeutung seines Sidekicks und lässt ihm den Freiraum für ausreichend Spielereien. Wie ein aufregendes Solo zwischen Flamenco und Klassik, in das Steve Stevens kurzerhand das Intro zu „Stairway To Heaven“ von Led Zeppelin einbaut. 
 
Auch das „Top Gun“-Titelthema aus dem Grammy-prämierten Soundtrack wird angespielt. Dazwischen aber natürlich regelmäßig die Faust und die (dicke) Lippe von Idol, der häufig mit „Deutschland“-Rufen animiert. Ruhigere Titel wie „Prodigal Blues“ lassen zwar etwas die Luft raus, aber ein Hit wie „Blue Highway“ von der Erfolgsscheibe „Rebel Yell“ bringt die Energie zurück. Das gleichnamige Titelstück aus dem Jahr 1983 und Idols Markenzeichen funktioniert natürlich noch immer, und die ausverkaufte Arena singt „more, more, more“ begeistert mit. 
 
Und es gibt mehr! Für „White Wedding“ und den Abschluss „Mony Mony“ mobilisieren Band und Publikum noch mal alle Kräfte. Abschließend bedankt sich Idol noch (un)artig bei den Fans, „for giving me a fucking great life“, und die Show ist vorüber. Bis zur Fortsetzung – vielleicht auf dem nächsten Tollwood?