Ingolstadt
Mit Pink Panther durch ferne Galaxien

"Jazz for Kids" in der Ingolstädter Werkstattbühne: Ein außerirdisch musikalisches Vergnügen

28.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:11 Uhr
Intergalaktischer Spaß: Szene aus dem "Jazz for Kids"-Konzert im Rahmen der Ingolstädter Jazztage. −Foto: Weinretter

Ingolstadt (DK) "Schebedebe dibu?

" "Schakanake peke! " Kein Zweifel: Die zwei Fellmonster mit den schmucken Fühlerbadehauben und den rosaroten Brillen sind Außerirdische. Ella Fitzsternchen und Louis Astro stammen vom Planeten Leberwürstchen und düsen mit ihrem Raumschiff Rosalinde auf der Suche nach Abenteuern durchs Weltall. Aber weil man in Ingolstadt ihren extraterrestrischen Dialekt nur schlecht versteht, werden flugs die Sprach-Chips eingesetzt - die hier verteufelte Ähnlichkeit mit Kartoffelchips haben - und schon kann das Menschenpublikum die Klagen der Aliens verstehen. "Schon wieder nichts als Weltraum", seufzt Ella. "Und hinter tausend Räumen keine Welt", fügt Louis an. Rilke-Fans gibt es überall im Kosmos.

Zum Zeitvertreib wird das Radio angestellt - und da wehen auf einmal Musikfetzen heran: Richard Strauss' "Zarathustra", Bizets "Carmen", Vivaldi, Beethoven, Tanzmusik, Jazziges, "Summertime", "Star Wars". Doch dann knirscht, rumpelt, kracht es und - das Gerät geht kaputt. Weil Ella und Louis sich so verliebt haben in diese Klänge, suchen sie mittels ihres "Planetenvergrößerungsglases" (eine riesige Lupe) nach der Quelle der Musik. Und finden: die Erde. Von hier beamen sie sich die Schöpfer dieser Musik einfach ins Raumschiff. Und damit geht der Spaß erst richtig los.

Zum dritten Mal ist der Saxofonist Julian Schunter mit seinem "Jazz for Kids"-Programm bereits bei den Ingolstädter Jazztagen zu Gast. Und wieder sind Paula Gendrisch und Michael Amelung vom Jungen Theater Ingolstadt mit von der Partie. Hatten sich die drei im vergangenen Jahr in ein wildes Piratenabenteuer gestürzt, wählten sie diesmal ferne Galaxien aus, um jungem Publikum die Lust am Musizieren nahezubringen. Und das verlässt nach einer knappen Stunde herrlich beschwingt klatschend und tanzend zum Marching Sound die Werkstattbühne.

Diesmal hat Julian Schunter den Tubisten Fraser Russell mitgebracht. Und beide entpuppen sich als perfekt eingespieltes musikalisches Clownsduo. Das funktioniert ganz ohne Worte. Den Tubisten haben Ella und Louis wohl direkt aus einem klassischen Konzert aufs Raumschiff gebeamt. Der schwarze Frack ist so steif wie seine Bewegungen würdevoll. Ravels "Bolero" hat er dabei - eines der meistgespielten Werke der Orchesterliteratur. Und hingebungsvoll fängt er an zu spielen.

Im "Bolero" wird ein archaisch einfaches Thema weder variiert noch entwickelt, sondern einfach 18 Mal wiederholt. Das finden die Aliens schnell ermüdend, so dass sie einen zweiten Musiker materialisieren. Der schleicht strumpfsockig auf die Bühne, samt Saxofon und "Pink Panther Theme". Ein bisschen Heckmeck und Klamauk - und dann erklingt der "Bolero" mit Saxofon und Tuba, bevor Julian Schunter dem Musikerkollegen die Notenblätter entreißt, sie mal nach oben und unten, ganz nah und sehr weit weg hält - und die Tuba daraufhin hohe und tiefe, laute und leise Töne erzeugt. Einmal landen die Noten auch auf dem Kopf - und der "Bolero" klingt plötzlich nach "Star Wars". Auftritt: Darth Vader und ein Klonkrieger. Was für ein Spaß!

Doch die völlig überdrehte Geschichte wird nicht nur von Guter-Laune-Musik flankiert, sondern transportiert ganz nebenbei, was man mit Instrumenten alles anstellen kann. Dass eine Tuba die hochenergetische Klinge eines Lichtschwerts imitieren kann. Wie Body Percussion funktioniert. Wie man über eine bestimmte Vorlage (wie hier der "Bolero") improvisieren kann. Wie perfekt U- und E-Musik harmonieren können. Es geht um Tempo, Rhythmik, Stilistik, Freiheit, Spontaneität, Grenzüberschreitungen - und ums Mitmachen. Denn immer wieder animieren die vier das Publikum zum Mitklatschen, Mitschnipsen, Mitstampfen, Mittanzen und zum Schluss zu einem Weltraumspaziergang durchs Theater. Ein durch und durch intergalaktisches Jazz-Vergnügen!

Anja Witzke