Luzern
Fernseh-Tatort: Eine offene Rechnung

Vermeintlicher Suizid entpuppt sich als Mord - Flückiger ermittelt

15.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:29 Uhr

Romantisches Picknick am See: Eveline Gasser (Brigitte Beyeler) und Reto Flückiger (Stefan Gubser). - Foto: Winkler/ARD Degeto

Luzern (DK) Ein Fernbus rollt nachts über den Asphalt. Dann sieht man einen Mann auf einer Brücke. Er springt, knallt gegen die Scheibe und wird weggeschleudert. Der Fahrer ist zunächst geschockt, dann reagiert er aggressiv, tritt auf den Toten ein und beschimpft ihn. Kommissar Reto Flückiger (Stefan Gubser) erkennt in dem Busfahrer Beni Gisler, einen Ex-Kollegen aus dem Militär, und nimmt sich, unterstützt von der Psychologin des Care-Teams, des Mannes an.

Bald entpuppt sich der Fall als Mord. Das Opfer hatte eine hohe Dosis Benzodiazepin im Blut, hätte sich unmöglich alleine von der Brücke stürzen können. Die Identität des Mannes zu klären, erweist sich für Flückiger und Kollegin Liz Ritschard (Delia Mayer) als Herausforderung. Eine Spur führt in die Bauwirtschaft. Jakob Conti, Ex-Chef eines Unternehmens, das heute sein Sohn erfolgreich führt, hat Ähnlichkeiten mit dem Opfer. Doch der soll bereits vor vielen Jahren umgekommen sein - beim Tsunami in Thailand. Die Witwe und sein Sohn verhalten sich merkwürdig. Was haben sie zu verbergen?

Der neue Schweizer "Tatort - Zwei Leben" will mehr als "nur" ein Krimi sein. Es gibt zwar die klassische Mördersuche. Die verläuft eher konventionell, ist nicht von großer Spannung geprägt und sehr dialoglastig. Doch Mats Frey und Felix Benesch erzählen auch die Geschichte eines Mannes, der von der Situation, jemanden überfahren zu haben, traumatisiert ist. Dabei gehen sie noch einen Schritt weiter: Dieser Mann hat bereits als Lokführer zweimal so etwas erlebt und deshalb seinen Job gewechselt. Ein Mensch in einer psychischen Ausnahmesituation - ihm geben die Autoren viel Raum, schildern seinen Kampf mit schweren Belastungsstörungen und aggressiven Ausbrüchen und führen seine Geschichte zu einem dramatischen Finale. Dass Flückiger zudem einen persönlichen Bezug zu dem Fahrer hat, macht die etwas zu verkopft wirkende Story noch ein Stück intensiver und emotionaler.

Regisseur Walter Weber inszeniert die Geschichte sehr entschleunigt, wie man es vom Schweizer "Tatort" kennt. Alles wirkt ein wenig behäbiger als bei den meisten anderen Krimis der Reihe. Sehr dicht und eindringlich sind die Szenen mit dem traumatisierten Gisler, von Michael Neuenschwander behutsam und reduziert gespielt. Wenn er, einer tickenden Zeitbombe gleich, bei der Psychologin sitzt, man spürt, dass jedes falsche Wort zum Ausbruch führen kann, die Frau das bemerkt, als Verteidigungsstrategie ihre Stimme anhebt, aufspringt und ihn zum Verlassen des Raumes auffordert, er auf sie losgeht, sie ihn beruhigen kann, er die Wohnung verlässt und durch die Straßen irrt, dann ist das von großer Beklemmung und präzise inszeniert. Leider stehen überzeugende Szenen wie diese im Kontrast zu anderen, die inszenatorisch Blüten treiben - etwa wenn Flückiger bei einer Observierung auf einer Deponie landet und sofort in einem voll beladenen Bauschuttlaster das Handy des Verfolgten entdeckt. Wie die Stecknadel im Heuhaufen!

Schließlich gibt es in diesem vielschichtigen Krimidrama noch eine dritte Erzählebene. Die dreht sich um Flückiger. Der hat jetzt eine feste Beziehung mit Eveline (in der letzten Folge "Kriegssplitter" noch seine Affäre). Sie muss erfahren, wie es ist, die Frau an der Seite eines Kommissars zu sein.

 

Der "Tatort - Zwei Leben" läuft am Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD.