Lügen pflastern seinen Weg

Die Komödie im Bayerischen Hof mit "Das Blaue vom Himmel" Open Air im Wirtsgarten

23.06.2021 | Stand 02.07.2021, 3:33 Uhr
Lockerer Tanz durchs Leben: Marko Pustisek als Bernhard und Felicitas Hadzik als Soraya. −Foto: Predieri

München - Was ist er doch für ein liebenswerter Kotzbrocken und charmanter Filou, dieser Bernard.

Seine Frau betrügt er mit einem "Mäuschen" aus der Firma seiner Gattin und der Schwiegereltern und seinen besten Freund Philippe bringt er zunehmend in die Bredouille, indem er all seine erotischen Eskapaden ihm anlastet und ihn ebenso massiv wie hinterlistig bedrängt, auch alle anderen Schmutzeleien auf sich zu nehmen. Lügen pflastern Bernards Weg und doch gelingt es diesem sympathischen Mistkerl immer wieder, seinen Kopf mit hanebüchenen und ständig abstruser werdenden, köstlich servierten Flunkereien aus der Schlinge zu ziehen. Ein toller Hecht ist dieser Bernard, wie er sich selbst sieht, und doch ein durchtriebener, fieser Kerl.

Herrlich typengerecht verkörpert Marko Pustisek in seiner rasant abschnurrenden Inszenierung von Eric Assous` Boulevardklassiker "Das Blaue vom Himmel" diesen egozentrischen und gewieften Macho in der Midlife-Crisis als Lügenbaron. Ein windiger Aufschneider als Gentleman im gut geschnittenen, modischen und natürlich teuren schwarzen Anzug mit weißem Einstecktuch und weißen Socken. Ein Hallodri "im besten Alter", der seine Frau, seinen Freund und dessen Verlobte je länger, desto mehr um den Finger wickelt und um keine Ausrede verlegen ist. Denn Lügen machen die Welt schöner und das Leben bunter und erträglicher.

Nicht minder typengerecht agiert Harald Effenberg als Bernards Busenfreund Philippe. Herrlich naiv, gutmütig und reichlich arglos tappt er in jede Falle, die ihm Bernard stellt, bis er sein Selbstbewusstsein entdeckt und wie ein Vulkan explodiert, um Bernards Lügen gewaltig zu toppen. Ein Schlagabtausch der beiden so unterschiedlichen Männer, der köstlicher kaum serviert werden kann. Schade nur, dass die Frauenrollen vom Autor sehr klischeehaft angelegt und von Marko Pustisek als Regisseur wenig differenziert auf die Bühne gebracht wurden: Philippes Verlobte Alice mit Kinderwunsch (Susanne Eisenkolb), die unter Philippes wahren und angedichteten "Weibergeschichten" leidet, wird hier zur Heulsuse degradiert, Bernards Gattin Nelly (Mariella Ahrens) darf die taffe Geschäfts- und betrogene Ehefrau mit überreichlich cooler Frauenpower wiedergeben, während Felicitas Hadzik nur das "Häschen" Soraya für gewisse Stunden mimen darf.
Ob es freilich so sinnvoll ist, diesen Ausbruch aus dem Pandemie-Lockdown, den der Theaterleiter Thomas Pekny bei der Premiere als "historischen Moment in einem der schönsten Plätze Münchens" feierte, auf einer kargen Freiluftbühne open air im Garten einer Gastwirtschaft in der Nähe des Münchner Tierparks Hellabrunn zu präsentieren, sei dahingestellt. Ein lauer Sommerabend in den Isarauen mit Grillengezirpe und Blasmusik von nebenan ist ja toll. Doch harte Biergartenbänke statt eines fashionablen Ambientes mit bequemen Sesseln im Stammhaus des Theaters im Hotel Bayerischer Hof ist für das Boulevardpublikum schon gewöhnungsbedürftig. Und wenn's regnet? Dann doch im Theater am Münchner Promenadeplatz. Wäre eigentlich besser, wenn dann auch die Hygienevorschriften lockerer gehandhabt würden.

DK

ZUR PRODUKTION

Theater:

Gastgarten Siebenbrunn am Osteingang des Münchner Tierparks Hellabrunn

Regie:

Marko Pustisek

Bühne:

Thomas Pekny

Dauer:

Zwei Stunden, 15 Minuten

Läuft bis:

25. Juli, Do-So, 20 Uhr

Kartentelefon:

(089) 29 16 16 33