Frankfurt
Geradewegs in die Katastrophe

Ungewöhnlicher ARD-"Polizeiruf" über das Ende der Zivilisation

27.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:03 Uhr
Was ist passiert? Hauptkommissarin Olga Lenski(Maria Simon) und Hauptkommissar Adam Raczek (Lucas Gregorowicz, rechts) werden bei ihrer Ankunft auf dem Hof Zeuge einer Auseinandersetzung von Lennard Kohlmorgen (Jürgen Vogel) und seiner Familie. −Foto: Foto: Feist/ARD/rbb

Frankfurt/Oder (DK) Seit gut einem Jahr hat die angesehene "Washington Post" einen neuen Werbeslogan.

Der basiert auf einem Ausspruch ihres Verlegers, des Amazon-Gründers und -Prä-sidenten Jeff Bezos und lautet "Democracy Dies in Darkness". Nun hat sich die ARD diesen Satz ausgeliehen - als Titel für den neuen RBB-"Polizeiruf 110 - Demokratie stirbt in Finsternis".

Alles beginnt mit einem traumatischen Erlebnis für Kommissarin Olga Lenski (sehr ausdrucksstark: Maria Simon). Während sie und ihre Tochter Alma schlafen, wird bei ihr eingebrochen und die Wohnung verwüstet: Die Täter filmen mit Olgas Handy Mutter und Kind im Schlaf und lassen das Smartphone am Tatort liegen. Der Kommissarin zieht es den Boden unter den Füßen weg, sie fühlt sich ohnmächtig, weil sie ihre Tochter nicht schützen konnte.

Olga sucht Zuflucht auf den Bauernhof von Lennard Kohlmorgen, um zur Ruhe zu kommen. Der gehört mit seinen beiden Kindern der "Prepper Community" an, einer Gruppe von Menschen, die stets mit dem Katastrophenfall und dem Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung rechnet und sich auf diese Situation mit einer autarken Lebensweise einstellt. Die Kommissarin erfährt, dass Lennards Frau Valeska ausgezogen ist. Kurz darauf wird die Frau tot aufgefunden. Sie wurde erschossen. Olgas Kollege Raczek übernimmt die Mordermittlungen, verdächtigt Lennard und gerät bei seinen Nachforschungen an eine Gruppe junger Cyberaktivisten um ihren Anführer Ulysses (Dimitrij Schaad). In deren Quartier hängt der Schriftzug "Demokratie stirbt in Finsternis". Kurz darauf fällt im ganzen Land der Strom aus - und die Situation rund um den Hof eskaliert.

Der fünfte gemeinsame Einsatz des deutsch-polnischen Ermittler-Duos Lenski und Raczek nimmt teilweise apokalyptische Ausmaße an. Regisseur Matthias Glasner, frischgekürter Grimme-Preisträger für den Zweiteiler "Landgericht", setzt auf Action und Endzeitstimmung. Gemeinsam mit Mario Salazar hat er auch die Story verfasst, die zwar eine Leiche zu bieten hat, aber weit mehr Drama denn Krimi ist und überladen und arg konstruiert wirkt. Die düstere Inszenierung bringt zwar zum Ende hin etwas Spannung, wenn Städte in Finsternis versinken und marodierende Jugendliche von Anarchie träumen, verläuft aber über weite Teile eher schleppend.

Sehenswert sind die Szenen mit Maria Simon und Jürgen Vogel (hat mit Glasner bereits in Filmen wie "Der freie Wille" oder "Gnade" gearbeitet) als Lennard. Vogel muss zwar einige arg moralische Sätze sagen, aber er spielt den phasenweise wahnhaften Weltverbesserer vorzüglich und mit enormer Intensität.

"Polizeiruf 110: Demokratie stirbt in Finsternis", diesen Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD.
.

Volker Bergmeister