Nürnberg
Wenn universelle Werte wie Würde und Anstand pervertiert werden

"Ich töte niemand": Der Franken-"Tatort " am Sonntag ist eine Tragödie um Rache und Ehre

13.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:54 Uhr
Beeindruckendes Spiel: Andreas Leopold Schadt, Dagmar Manzel (links) und Eli Wasserscheid als Ermittler im neuen Franken-"Tatort". −Foto: Foto: Karmann/dpa

Nürnberg (DK) "Dass neue und alte Rechte und der islamische Fundamentalismus Überschneidungen in einer autoritären Weltanschauung haben, ist nicht neu.

Aber hier auf verblüffende Weise erzählt", sagt Stephanie Heckner vom Bayerischen Rundfunk über den Franken-"Tatort: Ich töte niemand". Und weiter: "Es geht um einen fatalen Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt. Jeder der Akteure beruft sich auf Werte, die so ultrakonservativ wie identitätsstiftend sind. Universelle Werte wie Würde, Ehre und Anstand. Wie sehr diese Werte im Verhalten pervertiert werden, davon erzählt der Film. " Zwei Libyer, Bruder und Schwester, liegen erschlagen im Keller eines Hauses. Unbescholtene Bürger, bestens integriert, aber grausam hingerichtet. War es eine politisch motivierte Tat oder ein Familiendrama. Die Kommissare Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und  Felix Voss (Fabian Hinrichs) ermitteln einen Ziehsohn des Libyers, Ahmad, der offenbar untergetaucht ist. War er Zeuge des Blutbads. Oder Täter. Oder hätte er das Opfer sein sollen. Denn Ahmad hatte vor Monaten Anzeige erstattete gegen drei Männer, die einen Mann in den Rollstuhl prügelten und zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Dann erfährt Paula, dass ihr Polizeikollege und Freund Frank Leitner (André Hennicke) in den Tod gerast ist. Bald kommt eine Verbindung zwischen dem Dop-pelmord und dem suizidverdächtigen Unfall zum Vorschein. Frank war offenbar nach rechts abgedriftet. Paula sucht Franks Frau Gudrun (Ursula Strauss) auf.

Wie schon im ersten Franken- "Tatort: Der Himmel ist ein Platz auf Erden" zeichnet Max Färberböck auch bei "Ich töte niemand" für Buch (gemeinsam mit Catharina Schuchmann) und Regie verantwortlich. Er hatte das Ermittlerteam vor nunmehr drei Jahren auf die Reise geschickt. Und er hat mit Paula und Felix Figuren geschaffen, die stets politisch und emotional Farbe bekennen, sich nicht bekriegen, sondern sehr aufmerksam und zuweilen auch sehr offen miteinander umgehen. Das ist auch diesmal wieder so, wobei die Ringelhahn in dieser Folge den klar emotionaleren Part hat.

Die Story ist anspruchsvoll und wendungsreich, erfordert vom Zuschauer hohe Aufmerksamkeit. Der Krimi zeigt, wie gefährlich es ist, wenn universelle Werte wie Ehre, Familie und Anstand missbraucht und pervertiert werden, Gewalt mit Gewalt vergolten wird.

Max Färberböcks Inszenierung ist düster und dunkel. Mit kaputter Wirklichkeit müssen sich die Kommissare auseinandersetzen und fühlen sich eher ohnmächtig, wenn menschliche Grundwerte dumpf missachtet werden und zwei Familien zerstört werden. Der Franken-Krimi hat eine ganz eigene Farbe entwickelt innerhalb der "Tatort"-Familie, das liegt an der klugen Themenwahl und einem Team, das vom beeindruckenden Spiel Dagmar Manzels und Fabian Hinrichs' getragen wird, und von witzig-trocken bis reflektierend alles zu bieten hat. "Unser Leben ist ein schwarzer Raum, rabenschwarz. Wir jagen irgend jemanden, den wir nicht sehen. Und dann haben wir ihn, werfen wir ihn vor die Türe, dann schließen wir die Türe ab und dann ist schon der nächste drin - und der nächste. Und so machen wir immer weiter", klagt Felix Voss. Und die Kommissarin Paula Ringelhahn antwortet: "Schau Sie nicht zu tief in die Dinge rein, sonst gucken sie zurück. "

Der Franken-"Tatort" "Ich töte niemand" wird am Sonntag um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt.

Volker Bergmeister