Königliches Luftschloss

29.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:46 Uhr

Keine Chance für traute Zweisamkeit: Didone (Theresa Holzhauser) und Enea (Flavio Ferri-Benedetti) beim Beziehungskampf im Prinzregententheater München . - Foto: Schaefer

München (DK) Richard Wagner empfand das putzig glitzernde Rokoko-Opernhaus in Bayreuth als ungeeignet für seine Werke und erbaute frechforsch das bekannte klassizistische Festspielhaus. Diesem wiederum eiferte der 1900/01 erstandene Prachtbau am Münchner Prinzregentenplatz nach und man kann es Ironie der (Bau-)Geschichte nennen: Gerade hier, alle Wagnerschen Grundsätze von Form und Inhalt entschlossen von sich weisend, reüssiert derzeit ein spätbarocker Kleinod, die Oper "Didone abbandonata".

Diese Wiederentdeckung aus der Feder des in Norddeutschland geborenen und – 100 Jahre vor Richard Wagner – in Venedig verstorbenen Johann A. Hasse (1699–1783) schafft Raum für die Karthagerkönigin Dido, der in Vergils "Aeneis" eine Liebeshandlung im ersten bis vierten Buch der Verserzählung gewidmet ist. Enea will sich von der Königin trennen, um ein neues Troja (das frühe Rom) zu begründen, diese aber will den Geliebten nicht gehen lassen, nicht zuletzt, weil sie dann aus Staatsräson den afrikanischen König Iarbas heiraten müsste. Doch ihr ungetreuer Eroberer und Held zieht weiter – bei Hasse, anders als bei Purcell, immerhin seinem Auftrag folgend und nicht einer Intrige verfallend. Die Verlassene bleibt in der, von Iarba eroberten und in Flammen gesetzten, Stadt zurück und stirbt schließlich durch Selbstverbrennung.
 

Diese wohl dramatische, doch überwiegend verinnerlichte Handlung setzt die Inszenierung von Balázs Kovalik mit versierter, sich auch oberflächlichen Effekten durchaus nicht verweigernder Hand und wohldurchdachter Personenregie in Szene. Csaba Antal hat hierzu einen mit Luftkammern gefüllte Bühne entstehen lassen, die im Laufe des Abends immer mehr abdunkelt und zusammensackt, bis schließlich Didone (Theresa Holzhauser) in einer letzten, schwankenden Luftsäule ihr Leben aushaucht.

Das sind starke Theaterbilder, wenn auch oft sehr auf den Knalleffekt hin konzipiert.

Die Sängerinnen und Sänger – allen voran der Countertenor Valer Barna-Sabadus in der Rolle des Iarba und Maria Celeng als Vertraute Araspe – meistern die Partitur bravourös. Die eigentliche Entdeckung des Abends aber ist der klingende Schatzkasten der Hofkapelle München, der mit historischen Instrumenten, einer originalen Orchesteraufstellung und unter genialischem Dirigat – Michael Hofstetter hat bei gewagter Dynamik und stupender Klangfülle die Struktur seiner Partitur immer im Blick – barocke U-Musik auf höchstem Niveau zelebriert.

Noch zwei weitere Vorstellungen am heutigen 30. Mai und am 1. Juni, eine Aufzeichnung des Bayerischen Rundfunks ist in Vorbereitung.