Ingolstadt
Wie sieht die Schule der Zukunft aus?

27.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:34 Uhr

−Foto: Spiegler

Ingolstadt (DK) Schulen sind Labore der Gesellschaft von morgen. Doch wie kann man Schüler perfekt auf die Zukunft vorbereiten? Der Junge Futurologische Kongress des Stadttheaters Ingolstadt befasst sich von 3. bis 7. Juli mit dem Thema Bildung – und feiert damit das 40. Schultheaterfestival.

„We don’t need no education“ heißt es im Pink-Floyd-Song „Another Brick in The Wall“. 40 Jahre ist das Album „The Wall“  alt. Und seit 40 Jahren gibt es auch das Ingolstädter Schultheaterfestival. Grund genug für eine große Party mit zahlreichen Theaterproduktionen. Und weil der Futurologische Kongress im vergangenen Jahr so eingeschlagen hat, hat sich das Stadttheater Ingolstadt entschlossen, das  Jubiläum mit  einer neuen Auflage des Kongresses zu feiern – mit dem Schwerpunkt Bildung. „Beim ersten Futurologischen Kongress haben wir uns gefragt, wie die Welt von morgen sein wird und Themen wie Künstliche Intelligenz, digitale Transformation, Robotik, Mobilität der Zukunft diskutiert. Jetzt müssen wir uns den Ist-Zustand im Bereich Bildung und Schule anschauen. Sind wir in der institutionalisierten Bildung für die Zukunft überhaupt gewappnet? Ist die nächste Generation auf die anstehenden Aufgaben ausreichend vorbereitet?“, erklärt Kathrin Lehmann von der Theatervermittlung, die das Festival organisiert. „Es ist ein sehr emotionales Thema. Jeder hat eine Meinung dazu. Und wir hoffen auf einen guten Diskurs.“

Dementsprechend hat sie auch die Referenten ausgewählt: solche, die vor Gefahren der Digitalisierung warnen, solche, die eher die Chancen darin erkennen, Schulleiter, die  aus ihrem Alltag mit innovativen Schulkonzepten berichten, Architekten, die sich mit neuen Lernräumen auseinandersetzen, Experten, die über  außerschulische Bildung sprechen. In sogenannten Tischgesprächen können sich Interessierte  vernetzen. „Ich finde, man kann ganz viel verändern“, sagt  Lehmann. „Das muss auch der Weg sein. Man kann nicht darauf warten, dass die große Veränderung aus dem Ministerium von heute auf morgen kommt. Man muss selbst aktiv werden. Man hat viele Gestaltungsmöglichkeiten. Und das wollen wir zeigen.“ Der Eintritt ist frei, Platzkarten an der Theaterkasse. Weitere Infos gibt es hier.

Michael Sommer: "Gehst du Goethe!"

Ganz ehrlich: Deutschunterricht ist oft alles außer sexy. Dabei sind Bücher auch nur Menschen, die geliebt werden wollen. Meine  Liveshow „Gehst Du Goethe!“  ist deshalb ein intensiver Verkupplungsversuch mit den wichtigsten Singles der deutschen Literaturgeschichte. Von Faust, dem alten Akademiker und Single mit Niveau, bis Nathan, dem junggebliebenen Märchenerzähler, ist alles dabei, was oft zu Unrecht allein auf dem Bücherregal steht. Ja, okay, das sind keine echten Menschen, die hier in die Rolle von Werther, Effi und Danton schlüpfen, sondern Playmobilfiguren – aber wer sagt, dass die nicht viel besser für ein ergebnisoffenes Speed-Dating geeignet sind? Ähnlich rasant wie in meinem YouTube-Kanal „Sommers Weltliteratur to go“ stelle ich  als „Love Angel“ zehn Klassiker der deutschen Literatur vor – und feuere das Publikum zum Voten, Fragen und zum Lieben an. Das macht Spaß, aber hat es auch mit Bildung zu tun? Oh ja, denn Spielen ist der Königsweg des Lernens (4. Juli, Großes Haus, 10.30 Uhr).   

Karin Doberer: Veränderung braucht Mut

Häufig wird der Zusammenhang von baulichen Maßnahmen und pädagogischem Handeln zu wenig berücksichtigt. Das Festhalten an konventionellen Schulbauweisen, Raummodellen und Nutzungsprinzipien steht in großem Widerspruch zu den bildungspolitischen Forderungen nach praxisorientiertem Unterricht, ganztägiger Betreuung, nach Inklusion und Chancengerechtigkeit sowie partnerschaftlicher Elternarbeit. Im Mittelpunkt unseres Konzepts steht deshalb die Einsicht, dass gelingendes Lernen und Arbeiten von drei einander beeinflussenden Dimensionen abhängen, die sich wechselseitig positiv verstärken. Erst eine integrative Sicht auf Raumkultur, Lernkultur und Teamkultur ermöglicht es, eine pädagogische Architektur zu schaffen, die den Bedürfnissen von Lernenden und Lehrenden bestmöglich gerecht wird. Veränderung braucht Mut und Dialog. Wir möchten Mut machen, Dialoge schaffen und unter der Einbringung der Beteiligten neues Lernen entstehen lassen (5. Juli, Großes Haus, 16.30 Uhr).

Ulrike Schuller über 2Startup Teens"

Wir als brigk haben die Gelegenheit genutzt, im Rahmen des Jungen Futurologischen Kongresses erstmals die Initiative „Startup Teens“ sowie die beiden Youtube-Stars Alex und Nico von „simpleclub“ – der größten deutschen Nachhilfe-App –  nach Ingolstadt zu holen. Junge Menschen haben ein enormes kreatives Potential und es braucht manchmal einfach nur ein gutes Mentoren-Netzwerk, direkten Kontakt zu Coaches und Investoren und eine Anlaufstelle, um eine Idee zu einem erfolgreichen Startup zu machen. Das wollen wir gemeinsam mit „Startup Teens“ für die Teenager in Ingolstadt und der Region zukünftig anbieten. Das brigk ist schon länger mit der Initiative vernetzt und  unser Geschäftsführer Franz  Glatz ist bei „Startup Teens“ auch im Beirat aktiv. Die Veranstaltung am 5. Juli im Stadttheater Ingolstadt (ab 19.30 Uhr) soll ein Kick-Off sein: Künftig sollen in den Ferien  „Startup Camps“ für   Jugendliche in unseren Räumen stattfinden (Anmeldung unter https://events.thi.de/startupteens).

Olaf-Axel Burow: Lernen 4.0

Die alte Schule ist nach dem Modell der Industriegesellschaft organisiert: Fließband, für alle zur gleichen Zeit das Gleiche. Weil man aber Bildung und Lernen nicht quantifizieren und systematisieren kann, brauchen wir neue Lernkonzepte. Wir müssen weg von der Einheitsschule, auch architektonisch weg von der Preußenkaserne und hin zu neuen, individuellen Schulmodellen mit offenen Lernlandschaften und passgenauen digitalen Angeboten. Wir müssen die Art und Weise ändern, wie wir lernen lehren. Wissenvermittlung reicht nicht mehr. Es geht vielmehr darum, den Kindern Werte, Kreativität, Kombinations- und Teamfähigkeiten nahezubrigen. Sie benötigen Kompetenzen. Kompetenz ist die Verbindung von Wissen, Haltung und Handlung. Die Schule im digitalen Zeitalter ist eine Kulturschule, in der jeder ganz individuell sein Potenzial entfalten kann. Medienkompetenz ist  ein wichtiger Faktor –  die Ausbildung zu kritischer Urteilskraft und die Befähigung zu aktiver Gestaltung (4. Juli, Sparkasse Ingolstadt, 19.30 Uhr). 

Manfred Spitzer: Wie lernt das Gehirn?

Digitale Endgeräte gehören nicht in die Schulen, denn sie lenken ab, führen zu oberflächlicherem Lesen und Denken, behindern das Lernen, vermindern das im Gedächtnis bleibende Wissen und führen so zu einem deutlich geringeren Bildungserfolg. Das ist nicht eine Außenseitermeinung, sondern lässt sich mittels wissenschaftlich sauber durchgeführter Studien belegen. Die These, dass Schüler mit digitalen Endgeräten besser lernen würden, ist dagegen durch keinerlei Studien, die diesen Namen verdienen, belegt. Dennoch wird dies von der finanzkräftigsten Lobby der Erde (die fünf reichsten Firmen  der Welt sind Amazon, Apple, Google, Facebook und Microsoft) täglich über die Medien als vermeintliches „Wissen“ verbreitet. Es ist unverantwortlich, dass wir unsere Kinder, deren Gesundheit und deren Bildung, nicht besser schützen.  Es geht nicht darum, den Fortschritt zu verteufeln. Es geht  vielmehr um eine gründliche Technikfolgenabschätzung, die z.B. im Hinblick aus Smartphones nie erfolgte (6. Juli, Großes Haus, 10 Uhr).  

Margret Rasfeld: Bildung neu denken

Wir stehen in der großen Transformation. In unserer Zeit hoher Komplexität (Globalisierung), existenzieller Herausforderungen (Nachhaltigkeit) und rasanter Veränderungsdynamik (Digitalisierung) brauchen junge Menschen Selbstvertrauen in ihr Potenzial,  Selbstwirksamkeitserfahrungen, Verständnis für Systeme, Vertrauen in Ungewissheit, Kreativität, lösungsorientiertes Denken, Teamkompetenz und Empathie, eine positive Haltung zu Diversity und Handlungsmut. Die derzeitige Sitz- und Schreibschule mit Fächerkorsett, Zersplitterung, Normierung, Gleichschritt, Einzelarbeit, Einzelbewertung, Selektion, Vergleich, Konkurrenz  und vorwiegend  kognitiver Ausrichtung wird dem nicht gerecht. Vielmehr erstickt sie bei vielen Schülern ihre Kreativität und die angeborene Begeisterung fürs Lernen. Ein Paradigmenwechsel ist erforderlich (Unesco-Weltaktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung). Bildung muss tiefgreifend, substanziell und radikal neu gedacht werden (6. Juli, Großes Haus, 14 Uhr). 

Anja Witzke