Ingolstadt
Wohnzimmerkonzert auf Rädern

Im Jazzbus durch die Nacht

09.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:55 Uhr
Bernie's Bounce begleitete mit Jazzmusik aus New Orleans die Gäste bei ihrer Fahrt vom Kreuztor zum NH Hotel. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Die Lichter des blauen Oldtimerbusses blinken einsam in der Nacht vor der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät.

Noch ist alles still. Dann brummt der Motor los, der Wagen schert langsam aus. Er windet sich durch die dunklen Straßen, vorbei am Kreuztor, über das Schlosslände weiter Richtung Goethestraße. Vor dem Bus hält abrupt ein Wagen. Vier junge Männer stürmen auf den Bus zu.

Mit einem Klappern öffnet sich die Tür, ein Musiker mit einem kleinen Ring im Ohr zwängt sein Sousafon, eine riesige Tuba, durch die Tür und hebt sie über den Kopf. Der goldene Trichter schlingt sich um seinen Körper. Das Mundstück angesetzt, tiefes Brummen erklingt. Alsbald tönt Jazzmusik durch den Bus, die Leute klatschen im Rhythmus.

"Heyy, Ingolstadt! Seid ihr gut drauf? ", ruft Bernhard Hollinger. Der 31-jährige Ingolstädter ist der Kopf der Jazzband Bernie's Bounce, die auf der Fahrt zwischen NH Hotel und Kreuztor im Bus spielt - ein Wohnzimmerkonzert auf Rädern. Der Tubaspieler befeuchtet seine Lippen, setzt das Instrument erneut an. Seine langen Finger tanzen über die drei Ventile seines Instruments, er zwinkert seinem Bandkollegen Louis Portal zu.

Der Portugiese klopft mit dem Knie gegen das Fell seiner Bass Drum. Ein filziger Schlägel entlockt der Trommel ein dumpfes Pochen. Locker klopft Portal mit dem Drumstick auf das Becken. Die Trompete von dem Slowenen Denis Androic schallt durch den Nostalgiebus aus dem Jahr 1966.

Wieder Halt vor der Universität: Die kalte Luft von draußen zieht in den Bus, die Musiker springen raus und spielen am Straßenrand den Jazz aus New Orleans. Und gleich wieder zurück in die wohlige Wärme. Bernhard ruft seiner Band etwas zu, die anderen drei antworten singend im Chor - das nennt man "Call and Response", ein typisches Element des New Orleans Jazz. "Drop Me Off In New Orleans" stimmen die Musiker ihre Hommage an. "Drop Me Off In Ingolstadt", übertönt Bernhard Hollinger den Rest und lacht kehlig.

Fließender Wechsel vor dem Hotel: Die nächsten Gäste strömen in den Bus. "Das ist eine saustarke Idee! Die fahrende Jazzband wollte ich unbedingt sehen", erzählt ein schwarzhaariger Mann und verlässt den Bus - nicht, ohne noch ein letztes Foto des nostalgischen Anblicks zu schießen.

Elliot Muusses aus Amsterdam zupft an den Saiten der Akustikgitarre. Das Kabel des Verstärkers schlängelt sich am Boden. Zum dritten Mal spielt Bernie's Bounce schon bei den Ingolstädter Jazztagen. "Vor drei Jahren haben wir uns während meines Studiums gefunden, die Jazzszene in Amsterdam ist recht klein", erklärt der Bandgründer Bernhard Hollinger.

Ein Klacken: Der Schlagzeuger klopft den Takt - schon stimmen die vier den nächsten Song an. In ihrem Repertoire haben sie Songs wie "Everybody Loves My Baby" und "Si tu vois ma mère" - und der Nostalgiebus gleitet weiter durch die Straßen. Chauffeur des heutigen Abends ist Werner Mosch, der die Gäste sicher durch die Nacht bringt. Eine junge Frau öffnet ihr Bier mit einem Feuerzeug und tanzt leichtfüßig. Der Bus leuchtet noch von fern in der verlassenen Straße.
 

Anna Hausmann