Ingolstadt
Weltstar zum Anfassen

Überragender Albert Lee in der Neuen Welt

25.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:12 Uhr
Albert Lee lässt in der Neuen Welt die Saiten glühen. −Foto: Karl Leitner

Ingolstadt (DK) Als im Winter 2018 publik gemacht wurde, wer heuer alles beim Bluesfest auftreten würde, war eines sofort klar: Der Headliner würde Albert Lee sein.

Und nun ist es also so weit. Der Mann, der ansonsten regelmäßig bei Eric Claptons riesigen Crossroad-Guitar-Festivals oder in der Royal Albert Hall spielt, gastiert in der Neuen Welt. Die ist natürlich seit Monaten ausverkauft, denn einen Weltstar wie ihn lässt man sich nicht entgehen.

Albert-Lee-Konzerte haben den Charakter einer Zeitreise. Kein Wunder, denn der Mann, der mit den Everly Brothers und Emmylou Harris, mit Joe Cocker und jahrelang mit Eric Clapton gespielt hat, ist immerhin 60 Jahre im Geschäft und längst selbst Bestandteil der Rock-History. Und so kommen denn neben etlichen eigenen Nummern auch Songs von Gram Parsons und Hoyt Axton, von Jimmy Webb und Buddy Holly in der Neuen Welt zum Einsatz, und auch welche von Waylon Jennings und Ray Charles. Rock'n'Roll, Rockabilly und Country Rock bestimmen das Programm, und der alte Fender-Tone-Master-Röhrenverstärker hinter ihm sorgt für den Sound, der für Lee so typisch ist.

Als Gitarrist ist er ein Allrounder, der alles spielen kann. Nein, mehr noch, er ist der Allrounder schlechthin, der so unendlich viele Gitarristen nach ihm beeinflusst hat. Bereits vor der Pause lässt er seine Finger laufen, im zweiten Abschnitt will er es dann wirklich wissen. Sein "Country Boy" von 1979 ist die Übernummer schlechthin, und bei "Tear It Up" von Johnny Burnette als zweiter von drei Zugaben gibt er so richtig Gas. Seine rasanten, ungemein flüssigen Soli, die gar nicht mal besonders lang sind, bei denen aber in jedem einzelnen Takt so viele Ideen und so viel Esprit stecken, sind sein Markenzeichen, dafür ist er berühmt, diese Läufe erwarten seine Fans von ihm. Und Lee geizt nicht mit seinen Talenten und reißt den Saal mit, hat trotz unzähliger Auftritte in riesigen Arenen nie verlernt, die Atmosphäre eines vergleichsweise winzigen Clubs zu würdigen und - das ist ganz offensichtlich - auch zu schätzen und zu genießen. Und bereits von der Bühne aus bittet er, alle die Lust haben, nachher zu einem kleinen Plausch an die Bar. Mit einem zweifachen Grammy-Gewinner in lockerer Atmosphäre ein paar Worte wechseln - so etwas geht nur in einem kleinen Club. Das macht den Unterschied aus zu all den Stadien und Arenen dieser Welt.

Einer wie Albert Lee also auf einer Bühne wie der in der Neuen Welt? Allein die Verpflichtung eines derartigen Kalibers ist im Grunde schon eine Sensation. Nicht umsonst schrieb der Veranstalter im Programmheft, für ihn werde mit diesem Konzert ein Traum wahr. Selbiges galt auch für das Publikum.
 

Karl Leitner