Ingolstadt
Der Geheimtipp wird zum Highlight des Festivals

Überragend: Chris Bergson Band in der Ingolstädter Kleinkunstbühne Neue Welt

12.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:31 Uhr
Grandios: Chris Bergson in der Neuen Welt. −Foto: Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Der Saal kocht und der Schweiß rinnt in Strömen. Nicht weil die Außentemperaturen mal wieder fast tropisch sind. Nein, davon merkt man in der klimatisierten Neuen Welt an diesem Bluesfest-Abend eher weniger. Es liegt eindeutig an der Chris Bergson Band, die sich gerade mit einer absolut überragenden Vorstellung mal eben nebenbei vom Vorab-Geheimtipp zum Festival-High-light mausert.

Anscheinend sorgen in diesem Jahr ausgerechnet die Bands besonders für Furore, die beim Bluesfest ihr Ingolstadt-Debüt geben. Nach der Band Of Heathens und Jackie Venson nun also das Quartett des Gitarristen, Sängers, Komponisten und Bandleaders Chris Bergson aus Brooklyn, der sich mit dem Soulsänger Ellis Hooks aus Bay Minette zusammengetan hat und den Beweis antritt, dass New York City und Alabama sich optimal ergänzen.
Was dabei herauskommt? - Eine unwiderstehliche Mischung aus Sixties Soul und modernem Singer/Songwriter-Blues, herrliche Eigenkompositionen wie "Just Before The Storm", Knuckles & Bones" und "Bitter Midnight", nach dem auch Bergsons neues Album benannt ist, eine feine Soul-Gitarre nach Art von Steve Cropper, die, wenn sie sich dem Blues zuwendet, mit einer überraschend unorthodoxen Linienführung aufwartet, und natürlich das Aufeinandertreffen der Blues röhre Bergsons und der an Gospel und Soul geschulten, mächtigen Stimme von Ellis Hooks.

Die Band - Pat Machenaud an den Drums und Philippe Dandrimont am Bass geben eine zwar unauffällige aber ungeheuer effektive Rhythm Section ab - hängt sich mächtig ins Zeug und steht gehörig unter Dampf. Vielleicht ist das mit ein Grund dafür, dass das Ingolstadt-Konzert das letzte der Europatour der Band ist, die deswegen besonders befreit aufspielt. Ganz sicher aber liegt es daran, dass die ganze Sache den beiden Frontmännern sichtlich enormen Spaß macht und die beiden richtiggehend heiß sind auf diesen Auftritt. Bereits nach wenigen Minuten sind Bergson und Hooks komplett durchgeschwitzt. Wie sehr die Post abgeht, mag man daran ablesen, dass ausgerechnet eine Sam-Cooke-Nummer dafür herhalten muss, um mal etwas durchzuatmen.

Ach ja, die Covers. Mit ihnen ist das eine ganz eigene Geschichte. Das wunderbare "Grits" von Little Milton ist Teil des Programms. Und eine herrliche Funk-Version von Taj Mahal's "Corinna". Und mit "Goin' Home" auch noch eine wunderschöne Hommage an The Band-Urgestein Levon Helm. Ja, die Chris Bergson Band in dieser blendenden Form ist schon ein echtes Erlebnis und viel mehr als lediglich ein weiterer Baustein im diesjährigen Bluesfest-Programm. Nun sind ja bis Ende Juli noch einige viel versprechende Ingolstadt-Debüts im Rahmen des Festivals geplant. Nachdem die es heuer anscheinend ganz besonders in sich haben, sollte man sich unbedingt noch Karten sichern.

 

Karl Leitner