Ingolstadt
Schrille Orgie

Comedian Bülent Ceylan in der Saturn-Arena

18.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:28 Uhr

Frenetisches Kreischen erwartet ihn: Bülent Ceylan bringt den Saal zum Toben - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Der Countdown für seinen Auftritt in der Saturn-Arena läuft auf Leinwänden beidseits der Bühne mit. Die Inszenierung für Bülent Ceylan gleicht einem Shuttlestart, die Minuten und rasenden Sekunden heizen die Stimmung an. Manche in den Rängen zählen die letzten Sekunden laut mit.

Doch der Comedian-Star lässt sein Publikum in der propenvollen Arena ein paar Herzschläge lang warten, bevor schwere Bässe in die Hirne wummern, grelle Lichtkaskaden blinken und Bülent mit einem Donnerschlag auf die Bühne stürmt. Frenetisches Kreischen erwartet ihn und er feuert die schrille Orgie noch an, wirbelt sein langes schwarzes Haar im Kreis und rammt beide Hände in den Himmel.

Keine Frage, Ceylan muss sich seine Fans an diesem Abend nicht erst erobern – sie sind längst gefesselt und liegen ihm zu Füßen.
 

Sein Warm-up wird für den Hessen mit deutsch-türkischen Wurzeln ein Heimspiel. Die Location im Herzen Bayerns nimmt er als Steilvorlage, kalauert mit Dialektbegriffen und natürlich fehlt auch die „Preußenhürde“ schlechthin – der Oachkatzlschwoaf – nicht in der entstehenden, recht bodenständig ausgerichteten Wortsammlung.

Doch egal, was er sagt oder auch nur akustisch von sich gibt, die Fans umjubeln jeden Laut. Der agile Mann im schwarzen Dress lässt sich gerne von der Stimmung mittragen und sondiert sein Publikum. „Sind Ingolstädter hier“ fragt er, nur wenige heben die Hände. Die Antwort gibt Bülent selber. „Wir bleiben zu Hause, Türken haben wir selber genug“, kalauert er und bearbeitet damit ein Feld, das ihm angesichts seiner ethnischen Wurzeln keiner übel nimmt.

Wo andere Komiker ihre Sensoren nach Political Correctness ausrichten, nimmt er sich alle fröhlichen Freiheiten, ohne dabei zu verletzen. Im aktuellen Bühnenprogramm „Wilde Kreatürken“ nimmt Ceylan ohnehin die Marotten von Türken, Deutschen, Deutsch-Türken und auch Mannheimern aufs Korn. Ossis sind in seiner Performance eine eigene Spezies.

Wo manche Humoristen mit filigranem Wortwitz und sprachlichem Hintersinn ihre Pointen entwickeln, reizt Ceylan mit diesen Figuren die Möglichkeiten gerne aus, pubertäre Peinlichkeiten sinnenfreudig und mit Orkanwellen von Fangekreische umrahmt genüsslich zu sezieren. Dieser Themenkreis zieht seine Spuren ohnehin durch den ganzen Abend und manches davon formuliert er gar recht clever und bildhaft in jugendfreier Sprache. „Da haben die Eltern zu Hause einiges zu erklären“, feixt er.