Ingolstadt
Wirtschaft soll für Kultur werben

Tagung des Deutschen Bühnenvereins / Podiumsdiskussion zum Thema "Wirtschaft – Stadt – Kultur"

03.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:25 Uhr

Auch die Applaus-Ordnung will geübt sein. Probe für das Opern-Vorsingen im Großen Haus des Ingolstädter Stadttheaters – in der Kulisse des Musicals „Pinocchio“. - Fotos: Derstroff

Ingolstadt (DK) Welche Rolle spielt Kultur für eine Stadt? Wer soll sie bezahlen? Warum engagieren sich Unternehmen für Kultur – vor allem: für welche? Ist Sponsoring die Lösung bei knappen kommunalen Kassen? Diese und andere Fragen wurden am Samstag bei einer Podiumsdiskussion zum Thema „Wirtschaft – Stadt – Kultur“ im Rahmen der Tagung des Bühnenvereins in Ingolstadt behandelt.

„Die Städte müssen einen Rahmen schaffen, in dem sich Kultur entwickeln kann“, forderte Ingrid Hamm, Geschäftsführerin der Robert-Bosch-Stiftung, eingangs. Denn: „Kultur ist das Kapital der Zivilgesellschaft.“ Doch wie soll dieser Rahmen aussehen? Wer entscheidet über welche Kultur? Bildungsauftrag und Integrationsfunktion, Innovationskraft und Kreativitätsmotor, Kunstfreiheit versus Dienstleistung: Diese Aspekte sollten Ingrid Hamm, Ingolstadts Kulturreferenten Gabriel Engert, den Leiter Corporate Responsibility der Audi AG, Peter F. Tropschuh, den Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins und der Bayerischen Theaterakademie, Klaus Zehelein, sowie Moderatorin Martina Boette-Sonner (Bayerischer Rundfunk) gut zwei Stunden beschäftigen, auch wenn rasch Konsens über die Bedeutung der Kultur deutlich wurde.

Denn, so führte Tropschuh aus, der die Unternehmer-Seite vertrat, „kulturelles Engagement ist kein Selbstzweck“. Es gehe neben Image-Fragen vor allem auch darum, ein attraktives kulturelles Umfeld zu schaffen, um gute Mitarbeiter zu bekommen – und sie zu halten. Audi engagiere sich dabei auf unterschiedlichen Ebenen – von der Projektförderung (wie bei „Jugend fragt“) über eigene Festivals in der Region (Sommerkonzerte) bis zum Sponsoring internationaler Ereignisse (Salzburger Festspiele).

Im Gegensatz zu den Unternehmen lautet der Kulturauftrag der Stadt, „die Basiskultur zu schützen“, erklärte Engert, und erst dann zu schauen, ob man sich Highlights für die überregionale Werbewirksamkeit leisten könne – besonders in Zeiten knapper Kassen. Während Hamm auf Beispiele „interessanter Wechselspiele“ zwischen Kultur und Wirtschaft hinwies, warnte Zehelein vor Abhängigkeiten („Wir sind nicht dazu da, um Wirtschaftsförderungsprogramme zu stützen“).

Bei allen Divergenzen blieb die Diskussion sehr harmonisch, was vor allem der Tatsache geschuldet war, dass alle Teilnehmer florierende Bereiche vertraten, in denen die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Wirtschaft im Kulturbereich funktioniert.

Dass es in anderen Städten finanzielle, strukturelle, politische Probleme gibt, offenbarte die anschließende öffentliche Diskussion. Alexander Netschajew, künftiger Intendant in Stendal, forderte mehr Solidarität und ein klares Bekenntnis der Wirtschaft zur Kultur – etwa in Form einer Werbekampagne zugunsten der öffentlich finanzierten Kultureinrichtungen. Dafür erhielt er großen Zuspruch.

Dass gerade in schwierigen Zeiten das Theater eine wichtige gesellschaftliche Funktion übernehme, hatte Bayerns Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) am Freitag zum Start der Tagung gesagt und betont, dass der Staat auch im eigenen Interesse an der öffentlichen Finanzierung festhalten müsse.