Ingolstadt (DK) Verkehrskontrolle in Wien. Der Autofahrer ist leicht angesäuert. "Wann ich Sie einen Volltrottel nennen würd €˜, wie teuer wär des" fragt er das Kontrollorgan. Dann kommt das, was kommen muss, nämlich ein Schwall, nein, eine Kanonade übelster Verbalinjurien, die selbst Polts legendäre "Brunzkachel" in den Schatten stellt. Und während das Publikum sich noch den Bauch hält vor Lachen, kommt Joesi Prokopetz auf der Bühne der Neuen Welt völlig ungerührt zu dem Schluss, ein einfacher "Hirnschissler" wäre wohl doch billiger gewesen.
Das Programm, das er anlässlich der Kabaretttage an zwei Abenden hintereinander spielt, heißt "Vollpension", was aber nichts mit den gängigen Verpflegungsangeboten von Beherbergungsbetrieben zu tun hat, sondern Rente oder Ruhestand meint. In Selbigem befindet sich Joesi Prokopetz offiziell, was aber nicht heißt, dass er nun Ruhe gäbe. Im Gegenteil, das Programm, das den Untertitel "Blick zurück nach vorn" trägt, ist bestes Vollgaskabarett, ein wahres Bombardement aus dem Austragshäusl sozusagen, bei dem sich Highlight an Highlight reiht.
Prokopetz kokettiert mit dem fortschreitenden Alter des Vortragskünstlers, gibt durchaus zu, dass er allmählich zu faul werde, "den ganzen Dreck auswendig zu lernen", weswegen er auch mal was ablese. Das ist der Rahmen. Im Mittelpunkt freilich stehen diese herrlich ausgedachten, herrlich aufgeschriebenen und so herrlich ausgespielten kleinen Szenen, die Prokopetz zu ganz großen Ereignissen macht. Das beim Versuch, einen Witz zu Ende zu bringen gnadenlos scheiternde Ehepaar, der Camping-Urlaub am Neusiedler See, das Telefonat mit der Sprechstundenhilfe in der Arztpraxis - bei Prokopetz werden diese Sequenzen zu Meisterwerken skurriler Komödianterie. Wer den zum Klischee gewordenen permanenten Grant des Wieners mag, wer das "Schmäh führn" liebt, der ist bei Prokopetz genau richtig. Und alle anderen auch. Sein Programm zwischen den Eckdaten "Ollas leiwand!", "Eh ollas wuascht!" und "Bist deppat" ist ein Paradebeispiel für eine Szenenfolge, die vor Ideen und Wortwitz nur so strotzt, aus der heraus die Pointen über das Publikum quasi hereinbrechen wie ein Naturereignis. "Wann'z ihr mir eine Pointe verrecken lasst €˜s, gibt's zur Bestrafung einen blöden Kurzwitz", verkündet Prokopetz bereits nach fünf Minuten. Völlig logisch, dass genau das immer wieder passiert, womit sich ihm wiederum die Gelegenheit bietet, sich auch noch als Gigant des Zweizeilers zu outen.
"Altern hat goar nix mit zunehmender Weisheit oder Reife zu tun", sagt er einmal, "dafür aber umso mehr mit zunehmendem Wahnsinn." - Wenn selbiger dann so herzerfrischend grassiert wie bei Joesi Prokopetz, muss man keine Angst haben vor der Zielgeraden des Daseins.
