Ingolstadt
Statement in Schwarz-Weiß

Ottmar Hörl stellt in der Ingolstädter Galerie Mariette Haas aus

14.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:13 Uhr

Die Bewegung der Malerrolle selbst ist Kunst bei Ottmar Hörl: Ein Blick in die Ausstellung in der Galerie Haas. - Foto: Borgmann

Ingolstadt (DK) "Hörl:Rolls" - Hörl rollt! Der Titel der Ausstellung des Konzeptkünstlers Ottmar Hörl - besonders bekannt durch Großprojekte mit seriellen Skulpturen im öffentlichen Raum - in der Galerie Mariette Haas impliziert Bewegung. Gemeint ist vordergründig schlicht die Bewegung der Malerrolle, mit der der Künstler waagerechte oder senkrechte Streifen auf Leinwände aufgetragen hat.

Meist in schwarz, aber auch in Grau oder Rot. Vier oder fünf nebeneinander bilden eine Gruppe. Diese wiederum komponiert er zu einem Ganzen, so dass sie sich beinahe zu einem Quadrat ergänzen. Aber eben nur beinahe. Ein paar Zentimeter fehlen. Dadurch wirken sie eher wie die Flügel einer Windmühle, dynamisch statt statisch. Im Mittelpunkt der Ausstellung aber thront ein schwarzes Knäuel auf schwarzem Sockel. Stolz präsentiert es sich vor einer schwarzen quadratischen Leinwand, von der es sich gerade erst befreit zu haben scheint. Weiße Spuren bezeugen diesen Hergang: hopp, raus, runter und rauf auf den Sockel. Da steht es nun als kleiner Held. Geschafft! Kunst als Kurzgeschichte.

Diese Interpretation bedarf möglicherweise einiger Fantasie. Aber warum soll es nicht so gewesen sein? Der Gedanke macht Spaß. Aber wirklich Freude kommt auf, wenn der Titel des kleinen Knäuels zutage tritt: Quadratmeter. Davon ist wahrlich nicht mehr viel zu sehen. Unweigerlich huscht dem Betrachter mindestens ein Schmunzeln über das Gesicht. Das heißt, Hörl ist erfolgreich - zumindest seiner eigenen Definition zufolge. Denn Erfolg bedeutet seiner Meinung nach, wenn die Menschen einen gestalterischen Vorschlag aufnehmen und dadurch in Dialog mit ihm treten. Sein Anspruch ist es, die Gesellschaft weiterzuentwickeln, unbedingt will er den Betrachter mitnehmen. Seine Titel helfen, dienen als kleine Botschafter. Durchaus ironisch und ausgesprochen unterhaltsam ergänzen sie Hörls Werk, sind ein sprachliches Medium, das das künstlerische ergänzt. Eindrucksvoll beweist das der Name der großen Leinwand: "Antithese". Folgerichtig begibt sich der Betrachter auf die Suche nach der These dazu. Die findet er bei Malewitschs "Schwarzem Quadrat". Mit dieser Ikone der Kunstgeschichte hatte es Hörl dieses Jahr bereits aufgenommen: Im Mannheimer Kunstverein zeigte er die "Handlungsanweisung zur Erlösung des Schwarzen Quadrats". Die meisten Werke in der Galerie Haas stammen aus eben dieser Ausstellung. Sprich: Das kleine schwarze Knäuel ist ein Revolutionär. Und der Mann dahinter - ein Erlöser? Zumindest einer, der dem strengen Kanon der Gegenstandslosigkeit entflohen ist, um sich anderem zu öffnen. Als hätte man das nicht gleich gespürt!

ZUR PERSON

Ottmar Hörl wurde 1950 in Nauheim geboren. Seit 1999 ist er Professor für Bildende Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg, deren Präsident er auch seit 2005 ist. Die Ausstellung in der Galerie Mariette Haas läuft bis 2. Dezember.