Ingolstadt
Reiz der kleinen Dinge

Mathias Kellner eröffnet das Festival Dialektig

13.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:57 Uhr
Lieder von der Heimat: Mathias Kellner in Ingolstadt. −Foto: Stuke

Ingolstadt (DK) Stimmen erfüllen den Raum, es wird gelacht und Bier getrunken. In der voll besetzen Neuen Welt geht es urig zu: Fotos und Musikinstrumente hängen an den Wänden, die hölzernen Möbel und die kleine Theke versprechen Gemütlichkeit.

Dann geht das Licht aus, ein Mann mit olivfarbener Mütze betritt mit einer Gitarre um den Hals die Bühne. Nach kurzem Applaus und ohne Begrüßung geht es los - mit den ersten Tönen von "Tanzcafé Memory" eröffnete Mathias Kellner das Mundartfestival Dialektig.

Der gebürtige Niederbayer kommt aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Straubing und singt in seinen Texten über die kleinen, alltäglichen Dinge: das Leben auf dem Dorf, die eigene (für ihn traumatische) Schulzeit, das erste Mal mit Freunden ausgehen, das erste Mal Alkohol trinken, das erste Mal Mofa fahren. "Meine Texte sind aus dem Leben, ich versuche, nichts zu erfinden", so Kellner. "Die großen Themen wie Liebe oder Trauer wurden schon aus allen Ecken beleuchtet. Ich finde die kleinen Dinge viel spannender, hier erhält man sofort eine Rückmeldung aus dem Publikum, da es sich um universelle Erfahrungen handelt."

Doch der gelernte Schreiner begeistert das Publikum nicht nur mit seinen fein abgestimmten, in der eigenen Mundart verfassten Texten, sondern auch mit witzig-skurrilen Anekdoten aus seiner eigenen Kindheit und Jugend in Niederbayern. Von der grenzenlosen Langeweile, die man nur als Kind empfinden kann beim Kaffee trinken mit Erwachsenen, dem Hotspot eines jeden Dorfes: dem Bushäusle oder dem Geschäft mit Spickern in der Schule. Jeder Erinnerung ist ein Song gewidmet, der sich "an die besten Leute, die besten Geschichten" richtet. Die warme, kräftige Stimme von Kellner und die heimelige Atmosphäre in der Neuen Welt legen sich um das Publikum wie eine kuschelige Decke, unter der man nicht mehr hervorkriechen möchte.

Der Musiker entpuppt sich als echtes Unterhaltungstalent mit starker Persönlichkeit. Ihm ist nichts peinlich, er erzählt auch ganz private Geschichten. Man merkt, dass das, was da vorne auf der Bühne passiert, echt ist und mit vollem Herzen geschieht. Zwischendurch fordert Kellner das Publikum immer wieder dazu auf, die "eigene Antenne auszufahren", auf den Nachbarn rechts und links zu hören und dann "aus voller Kehle mitzusingen, denn das brauchen wir heute." Kellner schreibt seine Texte, wie er spricht: auf tiefstem Bayerisch. "Für mich ist das Mundartfestival eine großartige Sache, denn hier wird die ganze Bandbreite des Dialekts dargeboten", sagt er. "Ich bin mit Dialekt aufgewachsen, die Mundart liegt mir sehr am Herzen."

Das Mundartfestival Dialektig findet vom 12. November bis 11. Dezember 2018 im Kulturzentrum neun und der Kleinkunstbühne "Neue Welt" statt. Informationen zu den nächsten Veranstaltungen, u.a. mit Hans Söllner, Granada & Kofelgschroa oder Wolfang Ambros, gibt es unter folgendem Link: www.neun-ingolstadt.de/programm/

Annika Stuke