Ingolstadt
Ein Hoch auf den Willibecher

Das Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt feiert den 500. Jahrestag des Reinheitsgebots mit "Zwölf Halben"

15.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:18 Uhr

Alte Gebrauchsgegenstände in neuer Form: Küchenarbeitsplatten und Türblätter hat der Münchner Bildhauer Martin Wöhrl in Fässer und "Zwölf Halbe" verwandelt. - Foto: Hammerl

Ingolstadt (DK) Zwölf Halbe - welchem Bierfreund läuft da nicht das Wasser im Munde zusammen, wenn er den Titel der neuen Ausstellung im Museum für Konkrete Kunst hört? Bildhauer Martin Wöhrl spielt mit Minimalismus, Konkreter Kunst, Heimwerkerästhetik und zünftiger Bierkellerausstattung.

Zentrales Exponat ist die namensgebende Installation. An der Rückwand des Sonderausstellungsraums im Erdgeschoss lehnen zwölf beinahe mannshohe, gut mit Gerstensaft in allen Farbschattierungen samt Schaumkrone gefüllte Biergläser, allerdings nur zweidimensional. Und trinken lässt sich natürlich schon gar nicht aus ihnen. Wöhrl hat sie aus alten Türblättern herausgeschnitten und bemalt, sodass jedem Betrachter sofort klar ist, dass es sich um die in Bayern übliche "Halbe" handelt. Ob die Assoziation auch so einfach wäre ohne Bemalung? Das ist fraglich, denn die schlicht-schöne Form des Standardbierglases macht die Farbgebung essenziell. Das typische Glas für die Halbe Bier ist so sehr Gebrauchsgegenstand des bayerischen Alltags, dass wohl kaum jemand darüber nachdenkt. Was es für Wöhrl zu einem interessanten Produkt macht. Der Willibecher - so heißt die Form - hat schon gut 60 Jahre auf dem Buckel und stammt interessanterweise aus dem Ruhrgebiet, wo die meisten Biergläser deutlich kleiner sind. Die zeitlos schöne und vor allem schlichte Form passe zur Konkreten Kunst, findet Museumsleiterin Simone Schimpf. Nachdem das MKK auch für Design zuständig ist, findet sich hier der zweite Anknüpfungspunkt.

Zeitlos schön sind auch die fünf Fässer, die der Münchner Künstler aus alten Küchenarbeitsplatten gefertigt hat und damit einen Bogen zur alten Handwerkskunst der Fassbinder schlägt. Mit den Pressspanplatten haben die sorgfältig aus einzelnen Streifen zusammengesetzten Exponate nichts mehr gemein. An den Wänden sind zudem mit Sprüchen wie "Pumpe gesund" oder "Stübchen, das" versehene Fassdeckel oder -böden zu sehen, die Wöhrl gemeinsam mit Andreas Neumeister ebenfalls aus gebrauchten Türblättern zusammengesetzt hat.

Maximal reduziert hat Wöhrl das Etikett für die limitierte Flaschenedition gestaltet, die eigens für die Ausstellung aufgelegt wurde und in Zusammenarbeit mit der Ingolstädter Brauerei Schwalben-Bräu und dem Grafiker Thomas Mayfried entstanden und nur im MKK zu erwerben ist. Für 3 Euro die Flasche kann der von der Ausstellung sicher befeuerte Bierdurst also nach dem kleinen Rundgang doch noch gelöscht werden.

Ein rundum gelungener Beitrag des MKK zum Jahr des Reinheitsgebots, spricht die Ausstellung doch gleich mehrere Sinne an - mit einem Augenzwinkern, aber auch dem kleinen Wink, mehr über Alltagsgegenstände nachzudenken, sie wertzuschätzen und vor dem Ausrangieren über Nachverwertung nachzudenken.

 

Museum für Konkrete Kunst, bis 9. Oktober, geöffnet Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr.