Ingolstadt
Der Griesgraminski mag Stinkesocken und Jazz

Kinderkonzert im Kulturzentrum neun: Das Ensemble Klang Tarassa Bumm begeisterte bei den Ingolstädter Jazztagen

24.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:08 Uhr

Foto: Johannes Hauser

Ingolstadt (DK) Ssssssssssss, chrrrrrrrr, zzzzzzzzhh, kra, zirp-zirp, a-a-o-o-ah. Es summt, brummt, grunzt, fiept. Unheimliche Geräusche dringen aus dem Urwald. Äste knacken. Affen schreien. Vögel zwitschern. Fleischfressende Pflanzen schmatzen. Die Halle neun ist in grünes Dschungellicht getaucht. Und Adrian Klein will es auch noch regnen lassen: Für den feinen Nieselregen sollen mal bitte alle die Hände reiben. Erste Tropfen fallen - also gemeinsam mit den Fingern schnipsen. Und dann prasselt der Monsunregen los: Alle klopfen sich rasend schnell auf die Oberschenkel. Ein kurzer, intensiver Moment - und schon ist alles wieder still. Was man im Urwald eben so still nennt. Denn während sich die Abenteurer von Klang Tarassa Bumm durch Gestrüpp und üppiges Blattwerk kämpfen - immer auf der Hut vor zweifelhaftem Getier -, ist das Publikum weiterhin für die Dschungelgeräusche zuständig.

Im Rahmen der Ingolstädter Jazztage gab es am Sonntag ein interaktives Konzert für Kinder - mit dem Nürnberger Quintett Klang Tarassa Bumm. Und das brachte nicht nur Musik von John Coltrane und Richard Rodgers mit, sondern nahm Jung und Alt mit auf eine verwegene Reise an den Ort, an dem die Sonne schlafen geht. Und dazu braucht man als erstes? Genau! Ein Schiff. Da wird die Querflöte zum 1a-Fernrohr und der Kontrabass zum Schiffsmast. Den Ostwind bläst das Publikum. Und für die Wellen lassen Kinder die blauen Stoffbahnen wogen. "Wir bauen uns ein Boot und fahren übers Meer, mit Sauerkraut und Brot der Sonne hinterher", singen die Musiker - und es klingt wie "My Favourite Things" von Richard Rodgers.

Ein so kluges wie unterhaltsames Konzept haben sich Sängerin Hanna Sikasa, Moderator und Schlagzeuger Adrian Klein, Saxofonist Julian Schunter, Gitarrist Florian Hirle und Kontrabassist Felix Buchner ausgedacht, indem sie theatrale Mitmach-Elemente mit einer kleinen Geschichte und viel Musik mischen - und so den Kindern (ab sechs Jahren) den Einstieg in den Jazz leicht machen. Und wenn Hanna John Coltranes berühmte Ballade "Naima" träumerisch-samten ins Mikro haucht, dann lässt sich das Publikum genauso betören wie beim bluesigen "Equinox" oder beim treibend-druckvollen "Mr. P.C.". Und ganz nebenbei lernt man auch etwas über Rhythmus, Klang, Tempo, Melodieführung und Instrumente. Zum Beispiel, dass ein Saxofon sprechen und lachen kann, wie das von Paradiesvogel Waldemar. Kein anderes Instrument kommt der menschlichen Stimme, ihrer Geschmeidigkeit und Ausdruckskraft so nahe wie das Saxofon.

Klar wird am meisten gelacht, wenn der Griesgraminski auftaucht, der schlechtgelaunteste Tausendfüßler unter der Sonne. Dann braucht man flugs ein paar Kinder, die ihm noch weitere Beine zur Verfügung stellen, und solche, die - nach seinem Nervenzusammenbruch - seine Stinkesocken ordnen. Aber dazu tönen eben so draufgängerisch wie zart präsentierte Jazzstandards. Ein Live-Erlebnis ist nie zu toppen, aber für alle, die's nachhören wollen: Es gibt eine CD "Übers Meer der Sonne hinterher" (Infos unter www.klangtb.de).