Ingolstadt
Sympathisches Energiebündel

Ingolstädter Jazztage: Max Giesinger und Band bringen den Festsaal zum Beben

07.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:15 Uhr

Ingolstadt (DK) "Ich will eure Arme sehen!" Kaum hat Max Giesinger die Bühne betreten, bezieht er das Publikum im bis auf wenige Plätze ausverkauften Festsaal im Stadttheater Ingolstadt mit ein. Weit holt er aus, choreografiert die Bewegungen der Menge in der Arena zu wummernden Bässen.

Auch die Leute auf den Rängen sollen aufstehen, feiern, tanzen, rhythmisch klatschen - und die Ingolstädter lassen sich nicht lange bitten. Der Saal kocht.

Der 29-Jährige sprüht vor Energie, reißt sie alle mit, wirbelt, springt, tanzt zu Hits wie "Wenn sie tanzt" und das für seine Show titelgebende "Roulette" teils rau, teils weich-melodisch, stets kraftvoll-laut. Ebenso treibend-rockig, laut, explosiv begleiten ihn Steffen Graef (Gitarre), Lars Brand (Drums), Paul Sieferle (Bass) und Klaus Sahm (Keyboards).

Und weil der Schwarzwälder Popsänger und Chartstürmer mitsamt seiner Band zum ersten Mal in Ingolstadt ist, springt Giesinger nach zwei Liedern von der Bühne, überklettert die Absperrung, läuft durch das Publikum, stellt sich vor, erfragt Namen, bleibt stehen für die obligatorischen Selfies. Zurück auf der Bühne geht es weiter. Zur Musik gehen alle in die Hocke, Giesinger zählt, auf drei springen sie alle in die Höhe. Beim "Ultraviolett" erschallt ein vielstimmiges "Oh, oh, oh", später am Abend singen seine Fans ganze Liedzeilen mit.

Giesinger, der im vergangenen Jahr mit "80 Millionen" die Hymne für die EM lieferte, dessen Songs im Radio rauf und runter laufen, hat 2016 zu Recht den MTV Europe Music Award als "Best German Act" erhalten. Das zeigt er an diesem Montag. Mehr als zwei Stunden (ohne Pause) hält er die Spannung, wechselt zwischen leiseren Tönen, ruhigen Momenten - Giesinger am E-Piano bei "Nicht so schnell" - und eben jenen rasanten, tanzbaren Titeln, die im Konzert weitaus mitreißender und ausgereifter klingen als im Radio. Dann wieder sitzt Max Giesinger gemeinsam mit seinen Bandkollegen auf Hockern und variiert fast wie bei einer Jazzsession seine Songs. Ja, er freut sich ehrlich, dass er im Rahmen eines Jazzfestivals auftritt. Dass er also nicht mehr nur zu den deutschen Popbarden der Mannheimer Akademie zählt, denen vorgeworfen wird, nach immer der mehr oder weniger selben Masche auf der Erfolgswelle zu schwimmen.

Giesinger blickt zurück ("Wir sind ja alle in der Band fast 30"), erzählt von seinem Bühnendebüt als 15-Jähriger, davon, dass er nach dem Abitur durch die Welt gereist ist und als Straßenmusikant Erfahrungen gesammelt hat, von seiner Entdeckung bei "Voice of Germany", von Rückschlägen und Neuanfängen. Passend dazu: "Für Dich, für mich" oder "Die guten Tage strahlen" und "Nicht anders gelernt". Das kommt an, da schwingen die Gefühle aller mit. Giesingers Erfolg ist nicht nur seine Musikalität. Er ist der sympathische Singer/Songwriter, der nach seinem Album "Laufen lernen" jetzt mit dem zweiten, "Der Junge, der rennt", auf eine erkennbar eigene Bahn kommt. Das spüren die Fans, die als Paare aller Altersklassen, als Familie oder in Gruppen gekommen sind.

Bei aller Show bleibt Max Giesinger bodenständig, gibt seinen Erfolg auch weiter, holt seinen Überraschungsgast, Vorband-Sängerin Vivie Ann, gegen Ende des Konzerts zum Duett auf die Bühne. Und zum Schluss kommen noch drei junge Frauen und ein "Kerl für den Bass" als "Background-Chor für "80 Millionen" auf die Bühne. Das begeistert restlos.